piwik no script img

Hier kommt die Story vom Zeitalter des Wassermanns

■ Soll „Hair“ schon im Oktober „Jekyll & Hyde“ ablösen? Senat entscheidet heute den Poker um das TSC

Das Musical „Jekyll & Hyde“ überlebt das vor vier Wochen abgesetzte New Yorker Original offenbar nur um wenige Monate. Dem Vernehmen nach soll der letzte Vorhang für die Show am Richtweg Ende Juni fallen. Als Nachfolgeproduktion schon ab Oktober ist ein Klon des Musicals „Hair“ im Gespräch. Das Flower-Power-Stück wird ab Anfang März in einer Neuinszenierung in Wien aufgeführt und ist dort für zunächst zehn Monate angesetzt. Der „Weser Report“-Herausgeber und Vorstandsvorsitzende des Ticket-Vertriebs AG CTS-Eventim, Klaus-Peter Schulenberg (KPS), will sich, wie es weiter hieß, an den Produktionskos-ten beteiligen. Weder Schulenberg noch die für Bremen federführende Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft (HVG) wollten dazu gestern Stellung nehmen.

Der mögliche Musical-Deal ist unmittelbar mit der Entscheidung über die Zukunft des Ticket Service Centers (TSC) verknüpft. Wie berichtet, hatten sowohl Schulenbergs CTS-Eventim als auch der Hauptkonkurrent Start, ein Konsortium unter Führung der Deutschen Entertainment AG (Deag), ein Kaufangebot für die Mehrheitsanteile am TSC gemacht. Beide Bieter liefern sich ein Wettrennen in der Übernahme von Konzertagenturen und regionalen Vertriebsnetzen. Das Bremer TSC, das der Stadt und der Sparkasse gehört, verkauft jährlich etwa 1,2 Millionen Eintrittskarten. Der Senat will sich heute mit dem heiklen Thema befassen.

Im Verlauf der seit Monaten andauernden Verhandlungen spielte das Thema Musical eine immer größere Rolle. Dem Vernehmen nach hat die Deag, zu der auch die Stella-Musicals („Cats“, „Starlight Express“) gehören, das Schulenberg-Angebot von 2,65 Millionen Mark um das Doppelte überboten. Doch Deag/Stella haben nach Insider-Angaben wegen eigener Umstrukturierungen zurzeit kein Interesse an einer weiteren Musical-Baustelle. „Unser Kaufangebot steht bis Ende Januar“ (also bis Mittwoch), sagte die Start-Geschäftsführerin Ivanka Springer gestern auf Anfrage. Aber: „Wir werden uns auf jeden Fall im Norden engagieren – ob mit oder ohne TSC.“

Das starke Gewicht der Musical-Frage deutet darauf hin, dass das erst im Herbst beschlossene Sanierungskonzept für „Jekyll & Hyde“ gescheitert ist. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, dass ohne eine neue Perspektive ein Konkurs im Februar bevorsteht. Noch im November hatte HVG-Geschäftsführer Michael Göbel betont, dass die Sanierung gerade erst begonnen habe. Die im Sommer und Herbst gewährte Rettungshilfe in Höhe von acht Millionen Mark sollte bis Ende 2001 reichen. Die Bündnisgrünen kritisierten den geplanten TSC-Verkauf an Schulenberg. „Es wird händeringend nach einem neuem Musical gesucht, um ein totales Desaster zu verhindern“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen Helga Trüpel. ck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen