: Virtueller Krieg um Öl und Umwelt
Bis zum Wochenende prangerte Greenpeace unter „www.oil-of-elf.de“ im Internet Umweltsünden des TotalFinaElf-Konzerns an. Der internationale Ölmulti schlug mit dem Markenrecht zurück. Prozeß folgt
Der Mineralölkonzern TotalFinaElf ist sauer auf Greenpeace. Der Grund des Zwistes ist diesmal aber nicht die Besetzung einer Bohrinsel oder die Blockade eines Tankers, sondern die niederträchtige Annektierung einer Internet-Domain. Wer nämlich www.oil-of-elf.de in das Adressfeld seines Browsers eingab, landete nicht bei TotalFinaElf – sondern auf einer speziellen Greenpeace-Website.
Dort wird bis heute eingehend über die Aktivitäten des Konzerns in Russland informiert: „Bonjour ELF – Gute Nacht Sibirien“ titelt die Umweltschutzorganisation. Und ihre Berichte über die „tägliche Umweltkatastrophe“ in russischen Ölfördergebieten gehen TotalFinaElf nun ganz und gar nicht runter wie Öl.
Jedenfalls sah sich der Konzern genötigt, eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungsaufforderung an Greenpeace zu schicken, weil die Umweltorganisation durch die Nutzung der Domain das Namensrecht von TotalFinaElf verletze.
Die Pressemitteilung vom 17. Januar, die die Regenbogenkrieger zum Thema veröffentlicht haben, müsse nun auch umgehend richtig gestellt werden: Greenpeace behaupte nämlich dreist, dass TotalFinaElf eine „Greenpeace Homepage gerichtlich stoppen“ wolle. Dies sei aber nicht der Fall, heißt es beim Ölkonzern: Vielmehr habe TotalFinaElf Deutschland Greenpeace aufgefordert, eine von Letzteren „nicht genutzte www-Domain nicht weiter mit der offiziellen Greenpeace-Homepage zu verlinken“. Denn diese verwende den Namen von Elf und einen Hinweis auf Öl, um die Internetnutzer bewußt in die Irre zu führen. Die Absicht ist klar, die Elf-Begründung, Greenpeace nutze die Website gar nicht, dagegen krude: Schließlich leitet die Internetseite alle Besucher gezielt zur Greenpeace-Site über Ölförderung und Umweltverschmutzung in Sibirien weiter.
Doch das Landgericht Berlin war anderer Ansicht und untersagte den Umweltschützern die Nutzung der Domain. Vor Gericht hatte Greenpeace noch einmal darauf hingewiesen, dass Elf einen Großteil seines Rohöls aus russischen Fördergebieten beziehe, in denen ständig „gegen sämtliche international anerkannte Umweltstandards“ verstoßen werde.
TotalFinaElf hatte in einem Bief an Greenpeace vom September letzten Jahres nur so viel dazu zu sagen: „Die schlechten Umweltbedingungen bestimmter russischer Ölfelder sind bereits gut bekannt: die westlichen Medien haben sie ausführlich erörtert.“ Das von Elf betriebene Khariaga-Feld werde aber gemäß den branchenüblichen Standards ausgebeutet.
In einer eigenen Pressemitteilung lässt Elf dann auch keinen Zweifel daran, dass man das „Recht auf freie Meinungsaüßerung auf der Homepage von Greenpeace“ respektiere. Thomas F. Schalberger, Pressesprecher von TotalFinaElf Deutschland, ist aber überzeugt, dass Greenpeace einlenkt: „Das haben die bisher immer getan, wenn wir eine einstweilige Verfügung erwirkt hatten“, sagte er der taz. Bei Greenpeace sieht man das anders: „Es geht nicht an, dass Elf über den Umweg des Markenrechts die Berichterstattung zu dem Thema unterbindet. Greenpeace wird sich dagegen zur Wehr setzen: Der Streit ist noch nicht zu Ende!“
Und dass Elf diesen Prozeß gewinnt, ist längst nicht sicher. Ob dem Konzern allerdings die durch einen Prozeß beförderte breite Diskussion um die Missstände in den Elf-Fördergebieten so recht ist, darf bezweifelt werden. HEIKO DILK
Stand der Dinge: www.greenpeace.de bzw. www.totalfinaelf.de
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