Eskalation in Südserbien

Angriffe von albanischen Extremisten fordern wieder Tote und Verletzte. Jugoslawien fordert jetzt eine Dringlichkeitssitzung des UN- Sicherheitsrates

BELGRAD taz ■ Schüsse in der Nacht, dumpfe Explosionen, täglich Übergriffe albanischer Extremisten auf Stützpunkte der serbischen Polizei. Albanische Heckenschützen bedrohen die Straßen in Presevo, Medvedja und Bujanovac. Die Bevölkerung hat Angst. Die Situation in der Sicherheitszone in Südserbien entlang der Grenze zum Kosovo droht zu eskalieren.

Am Freitag wurde ein jugoslawischer Soldat erschossen. Am Samstag setzte die albanische „Befreiungsarmee von Presevo, Medvedja und Bujanovac“ (UCPMB) die Angriffe auch außerhalb der Pufferzone fort. Am Sonntag beschoss die UCPMB beim Dorf Donja Susaja eine Einheit der jugoslawischen Armee mit Panzerfäusten und Maschinengewehren. Vier Soldaten und ein Zivilist wurden verletzt.

„Das Problem der albanischen Terroristen müssen wir spätestens in einem Monat lösen. Wir dürfen nicht darauf warten, dass im Frühjahr die Kämpfe eskalieren, die noch mehr Opfer fordern würden“, erklärte Jugoslawiens Innenminister Zoran Zivković. Belgrad seien jedoch die Hände gebunden. Das Kumanovo-Abkommen zwischen der Nato und der jugoslawischen Armee, das die Luftangriffe der Nato auf Jugoslawien 1999 beendete, verbiete sowohl jugoslawischen Streitkräften als auch der Kfor im Kosovo das Betreten der Sicherheitszone und schreibe nur eine leichte Bewaffnung serbischer Polizisten vor. Die UCPMB halte sich nicht an den im Dezember unterzeichneten Waffenstillstand und versuche eine Intervention der Armee und größere Auseinandersetzungen zu provozieren und nach dem gleichen Rezept wie im Kosovo die Krise zu internationalisieren.

Jugoslawiens Außenminister, Goran Svilanović, forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Sollten alle Verhandlungen scheitern, schlägt Belgrad eine Aktion jugoslawischer Streitkräfte gegen albanische Terroristen unter internationaler Aufsicht oder eine mit der Kfor abgestimmte Aktion vor.

Nach einer friedlichen Lösung sieht es in der umstrittenen Pufferzone allerdings nicht aus. Die UCPMB kontrolliert einen Teil des Territoriums, baut Bunker und mobilisiert die lokale Bevölkerung. Nach Angaben der serbischen Polizei seien etwa 80 Prozent der Albaner aus der Gemeinde Medvedja in den Kosovo geflüchtet, die UCPMB baue die verlassenen Häuser zu Stützpunkten aus. Albanische Medien im Kosovo unterstützen fast ausnahmslos die UCPMB und sprechen von einer „Befreiung des Ostkosovo“ und der dort lebenden rund 60.000 Albaner. Der albanische Bürgermeister von Presevo, Riza Halimi, beschuldigte die jugoslawischen Streitkräfte das Abkommen von Kumanovo gebrochen zu haben und albanische Dörfer zu beschießen.

Am Freitag feierte die UCPMB im Dorf Dobrosina den ersten Jahrestag ihrer Gründung. Rund 300 bewaffnete Kämpfer paradierten, politische Führer hielten Reden, tausend Zivilisten wohnten der Feier bei. Kinder sangen die albanische Hymne. ANDREJ IVANJI