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Börse hoch im Kurs

Die Aktie der Deutschen Börse AG wird seit gestern gehandelt. Nach der Emission 8 Prozent Zuwachs. Eine Volksaktie ist das Papier nicht

von RALF GEISSLER

Nach zahlreichen Abstürzen beim Gang aufs Parkett zeigt die Hausherrin nun selbst, wie man Erfolg hat. Die Deutsche Börse AG ging gestern an die Börse. Ihr erster Kurs lag mit 362 Euro mehr als acht Prozent über dem Ausgabepreis.

Für viele Neuemissionen der vergangenen zehn Wochen ist das ein beneidenswerter Start. Denn im Schnitt sind die Aktien heute zwölf Prozent weniger wert als bei ihrer Ausgabe. Börsenchef Werner Seiffert sieht seine AG, die es auf Anhieb unter die ersten vierzig notierten Unternehmen geschafft hat, weiter wachsen. „Die Aktie hat einen fundamentalen Wert, der sich über einen längeren Zeitraum nach oben schrauben wird“, prophezeite er gestern in Frankfurt.

Eine Volksaktie ist das Papier nicht. Die Mehrheit der Anteilseigner stellen Großbanken und Börsenmakler.

Nur sechs Prozent der Interessenten waren Privatanleger. Diese hatten trotzdem die besseren Zuteilungschancen. „Obwohl die Aktie 23fach überzeichnet war, haben wir jeden fünften interessierten Privatanleger bedacht“, sagt Börsensprecher Uwe Velten.

Der Börsengang hat dem Haus 980 Millionen Euro gebracht. Mit dem Geld soll der europäische Kassamarkt erschlossen und die Internationalisierung des Neuen Marktes vorangetrieben werden. „Es wird zu Allianzen kommen. Fusionen sind eher unwahrscheinlich“, prognostiziert Olgerd Eichler, Fondsmanager bei Union Investment. Die Deutsche Börse wird derzeit mit 3,4 Milliarden Euro bewertet und liegt damit deutlich über dem Wert anderer gelisteter Finanzplätze. „Die weitere Entwicklung hängt stark vom Handeln des London Stock Exchange ab“, sagt Eichler. Die britische Börse, mit der vor einem Jahr die Fusion gescheitert ist, müsse sich wegen eines überholten Handelssystems und sinkender Marktanteile bewegen. Einen möglichen Partner sieht Eichler auch in Euronext, einem Zusammenschluss der Handelsplätze Paris, Brüssel und Amsterdam.

Konkurrenz werden der Börse die Banken machen. Sie entwickeln eigene elektronische Handelssysteme. Mit der Deutschen Bank ist ausgerechnet der Konsortialführer des Börsengangs in solche Geschäfte involviert. „Wir beteiligen uns nur zu fünf Prozent an einem System namens Tradepoint“, wiegelt indes Banksprecher Ronald Weichert ab.

Noch sieht Eichler die Börse im Vorteil: „Das Haus ist mit seinen Handelssystemen europäischer Technologieführer.“ In einem Jahr könne der Wert der Aktie im Vierhunderterbereich liegen. Dass der erfolgreiche Start eine Signalwirkung auf die kommenden Börsengänge haben wird, glaubt er nicht. „Über den Erfolg einer Neuemission entscheidet letztlich das Potenzial des Unternehmens.“

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