: Soundcheck
Gehört: Ensemble Resonanz/Renaud Capuçon, Rolf Liebermann-Studio. Antonio Vivaldis durch Werbeeinsätze, Adelshaus-TV-Dokumentationen und Mobiltelefonklingeltöne hinlänglich in der allgemeinen Wahrnehmung verankerte Vier Jahreszeiten (1725), so könnte man meinen, sollten das Haus füllen, spätes-tens in Verbindung mit dem werdenden Renommee des ausführenden Ensemble Resonanz, verstärkt um die Violinen-Nachwuchshoffnung Capuçon. Indes, es hatte sich ja passend der Winter eingestellt an diesem Abend, und ein paar Plätze blieben doch leer. Am Programm lag es wohl nicht.
Das Ensemble Resonanz versuchte sich schon wiederholt an der Konfrontation älterer und neuerer Werke, „ein Verständnis des Neuen durch die Reflexion des Alten“ hieß das programmatisch. Und in diesem Sinne wurden den vier Jahreszeiten je ein Satz der Shaker Loops von John Adams gegenübergestellt. Deren Fassung von 1983 ist eines der meistgespielten Stücke Adams', dabei beispielhaft für sein Minimalismusverständnis. Während seine Werke ansonsten (also: später) allzuoft in süßlicher Nachformung zentraler Ideen des Genres vor sich hin mäandern, gelegentlich durch pathetische Ausfallschritte versuchsweise dramatisiert, erfrischen die Shaker Loops geradezu – obschon die Spielregeln eingehalten sind. So gesellte sich Capuçon zwischenzeitlich ins Abseits, und das Ensemble verzahnte die motivischen Zellen.
Eingangs waren den Werken insbesondere inhaltliche Analogien zugeschrieben worden: die naturinspirierten Sonette Vivaldis, die er musikalisch umsetzte; die Vorstudie zu den Loops, Wavemaker, mit ihren aus dem Leben entliehenen Motiven (etwa: der ins Wasser geworfene Stein). Musikalisch passte es freilich genauso (zweierlei korrespondierende Ideen von Puls; „Schwere“ und „Heiterkeit“) – es verwies das Neue aufs Alte, letzteres hatte dabei ersterem den Humor und die Spannung voraus.
Abschließende Serviceinformation: Radio 3 sendet am 17.2. ab 15.05 Uhr eine Aufzeichnung des Konzerts.
Gehört: Rock gegen rechte Gewalt, Alsterdorfer Sporthalle. Der lange Zeit bedeutendste deutsche Versuch, „Rock gegen Rechts“ in Stellung zu bringen war das gleichnamige Festival 1979 in Frankfurt/Main. Seinerzeit ging es darum, das Deutschlandtreffen der NPD zu verhindern, und die war auch am Dienstag in der beinahe vollen Sporthalle Thema. Kalauerjongleur Ingo Appelt kam es zu, zwischen den mehr oder minder routiniert umhermöhrenden Altrockern und Berufsjugendlichen die eine oder andere Gewährsperson – „die den Arsch hinhalten, wenn die Glatzen kommen“ (Appelt) – zu Wort kommen zu lassen: Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek etwa, oder VertreterInnen der Initiative www.anti-nazi.de, die sich für das NPD-Verbot stark machen.
Dass besagte Initiative ihren Infotisch gerade mal vor der Halle im Nieselregen aufstellen durfte, war irgendwie symptomatisch für die ganze Veranstaltung. Es bedarf gar nicht der 1979 angestrengten Überlegungen, ob Rockmusik – ihrerseits totalitär – überhaupt für die gute Sache eingesetzt werden könne; die Ballung staubiger Rockbeamter, aufgelockert nur durch gelegentliche Originalität gaben dem Abend den Ruch der Eigennützigkeit. Und dass Appelts Zotenbombardement mit Sexismen für das größte Hallo sorgte, passte da ins Bild.
Immerhin: Ein Zeichen war es irgendwie, Geld wird eingespielt worden sein, und die damit bedachte Amadeo-Antonio-Stiftung wird es brauchen können. aldi
siehe auch S. 24
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