Kommentar: Selbstbedienung
■ Warum ein Turnierdirektor Michael Stich den Deutschen Tennis-Bund nicht rettet
Alljährlich im Mai öffnet sich das Dach der Tennishalle am Rothenbaum, um ein wenig Sonne auf die beiden großen Turniere der Frauen und Männer scheinen zu lassen. Und regelmäßig wird es dann auch den Verantwortlichen des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) warm ums Herz. Hochklassiger Sport lenkt ganz fantastisch von den internen Problemen ab.
Die sind gewaltig. DTB-Chef Georg von Waldenfels sucht dringend einen Nachfolger für den gefeuerten Turnierdirektor Günter Sanders und bringt peu à peu die Menschen ins Spiel, die Tennis in den vergangenen Jahren groß gemacht haben.
Aber gerade BeckerGrafStich sind der Grund für die Misswirtschaft beim DTB. Der Boom, den die drei in den vergangenen Jahren durch ihre Erfolge aus-lösten, sorgte für steigende Einnahmen. Doch anstatt diese zu reinvestieren und die Jugend- und Vereinsarbeit zu unterstützen, führte dieser reiche Segen zu einer Selbstbedienungsmentalität sondergleichen. Dass der ehemalige Präsident Günter Sanders sich heute nicht mehr daran erinnern kann, wer 1990 die Renovierung seines Hauses bezahlt hat, ist da eine fast amüsante Marginalie.
Beim Verband in der Hallerstraße sollte man jetzt nicht auf prominente Namen setzen, sondern ganz schnell die verschlungenen, verkrusteten Strukturen aufdröseln und alte Seilschaften auflösen. Michael Stich kann die Funktionäre dabei unterstützen. Die beiden Turniere am Rothenbaum ganz alleine zu retten vermag aber nicht einmal ein Wimbledon-Sieger.
Eberhard Spohd
Bericht Seite 24
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