: Telegate-Arbeitsplatz – zweifelhaft modern
■ StudentInnen vor die Tür gesetzt / Gewerkschaft prüft Klage
Die Auslandsauskunft 11 88 00 der Telegate mit Sitz in Bremen hat möglicherweise Probleme. Zwar sprach die Niederlassungsleitung nach Angaben der Deutschen Postgewerkschaft in Bremen noch auf einer Betriebsversammlung im Dezember davon, für die Belegschaft bestehe kein Anlass zur Sorge. Auch betont der Telegate-Sprecher für „Investor Relations“ aus München, Wolfgang Brand, das Inlandsgeschäft wachse. Lediglich beim Auslandgeschäft habe es die auf der außerordentlichen Hauptversammlung eingeräumten Verluste gegeben. Dennoch haben sechs Bremer StudentInnen seit gestern die böse Gewissheit: Der Job, mit dem sie sich schon seit einem Jahr den Lebensunterhalt finanzierten, ist futsch.
„Entgegen anderen Zusagen wurde mein befristeter Vertrag plötzlich nicht verlängert“, sagt einer von ihnen. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. „Ich muss ja jetzt noch woanders arbeiten.“ Den Jobverlust bedauert er. Mit über 15 Mark die Stunde plus saftigen Zuschlägen bezahle Telegate für Bremer Verhältnisse gut. Auch sei die freie Zeiteinteilung immer ein Plus gewesen. Doch jetzt ist Schluss damit. Außer den StudentInnen sei auch weiteres, soeben erst eingestelltes Personal vor die Tür gesetzt worden. „Die hatten gerade erst eine Schulung begonnen.“ Der Münchener Telegate-Sprecher kann das unterdessen nicht bestätigen.
„Offenbar versucht Telegate, Verluste aus dem vergangenen Jahr nun auf Kosten der Studentinnen und Studenten auszugleichen“, kritisiert der stellvertretende Juso-Landesvorsitzende Martin Günthner das Geschehen. Hier bestätige sich erneut die Kritik an Call-Centern, deren Willkür insbesondere Beschäftigte mit befristeten Verträgen ausgeliefert seien. Telegate-Sprecher Brand betont, gerade mit Studierenden seien befristete Verträge üblich. Im aktuellen Fall habe es vielleicht „interne Kommunikationsprobleme“ gegeben. „befristungen mit Studenten sind Unternehmenspolitik und kommen auch den Betroffenen entgegen.“ Wieviele der rund 200 in Bremen Telegate-Beschäftigten allerdings mit befristeten Verträgen angestellt sind, konnte er nicht angeben. Der Bremer Betriebsrat verwies für eine Stellungnahme an die Pressesprecherin der Telegate in München.
Der plötzliche Arbeitsplatzverlust, so ein betroffener Student, sei ihm gegenüber mit einer Anweisung aus der Münchener Konzernspitze begründet worden. Er sei bis gestern davon ausgegangen, dass eine mündliche Zusicherung für eine Weiterbeschäftigung verlässlich ausreiche. „Ich dachte, ich wäre kulant gegenüber dem Personaleinsatzreferenten, wenn ich nicht direkt auf einer schriftlichen Zusage bestehe.“ Den Abschied will er nicht einfach hinnehmen. Er gehört zu der Minderheit innerhalb der Call-Center-Belegschaften, die gewerkschaftlich organisiert sind. Die Deutsche Postgewerkschaft will eine Klage prüfen. ede
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