Workshop Nr. 12: Die TeilnehmerInnen

Die TeilnehmerInnen des Workshops „Sind wir alle Piraten?“.

Die TeilnehmerInnen. Bild: Anja Weber

Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im Journalismus entsteht. JedeR kann sich bewerben. Die je zehn Frauen und Männer pro Workshoptermin sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus allen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland.

Lisa Räger, 22 Jahre alt und Hannoveranerin. Seit einiger Zeit darf ich mich nun offiziell „zugezogene Wahlberlinerin“ nennen. Mein Weg führte mich erst einmal in die Ferne. Über einen Freiwilligendienst in Nicaragua ging es weiter an die Uni Potsdam, um mein Politik- und Soziologiestudium zu beginnen. Aktuell arbeite ich auf meine nächste Zwischenstation hin – dem Bachelor. Und danach? Ich lasse mich überraschen...

Sind wir alle Piraten? oder besser: wollen wir nicht alle ein bisschen Pirat sein? Unkonventionell, individuell - ein wenig anders halt. Wünschen wir uns nicht wieder das Bild einer revolutionären Partei, die mit Latzhose und Hippietuch im Haar in den Bundestag einläuft? Oder ist so etwas in unserer Gesellschaft zu viel des Guten?

Emal Ghamsharick Aufgewachsen in einer paschtunisch-amerikanischen Familie. Besuchte eines der besten Gymnasien Deutschlands. Landete auf der Gesamtschule. Bastelte an einer Karriere als Pausenhofschläger und Dealer/Rapper. Über Umwege zu BWL. Studium in Izmir und Paris. Nebenbei Arbeit für Drückerbanden in Ostdeutschland und auf Mallorca.

Studium finanziert durch das Übersetzen von Bedienungsanleitungen. Wir trachten nach den Schätzen anderer Menschen. Wir denken, wir könnten das ganze Gold einfach auf eine Insel bringen und verbuddeln und unser Leben unter Palmen beenden. Die Leichen fressen die Haie. Dass wir nichts als eine verlotterte Mörderbande sind, ignorieren wir einfach.

Viola Campos, „Interkulturell“ ist ein passendes Wort, um mich zu beschreiben. Ich wurde vor 27 Jahren in Mexiko geboren und habe durch meine Nomadenkindheit zwischen diesem lateinamerikanischen Land und Deutschland von klein auf gelernt, Andersartigkeit zu schätzen. Das Studium der Regionalwissenschaften Lateinamerika hat diese Faszination für fremde Kulturen nur verstärkt.

Die interessanteste Herausforderung besteht für mich in der interkulturellen Kommunikation. Piraten der Karibik, Piratenpartei oder Piraten vor der Küste Somalias? Entscheidend ist die Art der Piraterie. Die großen Freibeuter hinken weder mit einem Holzbein durch die Gegend noch tragen sie eine Augenklappe. Mit als Freihandelsabkommen getarnten Kaperbriefen begibt sich die EU stellvertretend für ihre Bürger auf Beutezug.

Kevin Tarun Kevinismus, Chantalismus – mein Lebensplan ist es, diese Wortneuschöpfungen nie in den Duden gelangen zu lassen. Kevin, Chantale, Mandy; das seien Diagnosen. Ich hoffe, solchen Namen anhaftende Klischees durch Paradoxien zu lösen. Deshalb studiere ich, ein 21-jähriger Plattenbau-Bewohner im ehemaligen Osten, geschimpft Kevin, Kommunikations- und Literaturwissenschaft und lese mehr, als ich fernsehe.

Sind wir alle Piraten? Nun, meinem Studium geschuldet muss ich diese Frage wohl nüchtern beantworten: Irgendwie schon. Pirat bedeutet Seeräuber, der Wortstamm ist also „Räuber“. In einer Mediengesellschaft lebend sind wir alle gleichsam Räuber und Beraubte – und das Diebesgut heißt: persönliche Daten.

Lilly Busch, 21 Jahre alt. Nach dem Abitur habe ich ein wunderbares Jahr als Weltwärtsfreiwillige in Mosambik verbracht. Seit ich zurück bin, mache ich eine Menge großartiger halber Sachen: Politikfernstudium, Marktforschung, Praktika bei Zeitungen und im NGO-Bereich. Wohin es mich am Ende führt, da bin ich selbst gespannt. Bei all diesen verschiedenen Erfahrungen ist eines stets konstant geblieben: meine Leidenschaft zum Beobachten, Schreiben und Geschichtensammeln.

Wer wäre nicht gern Pirat: Abenteuerlich, gaunerhaft, mutig, laut – wer piratische Eigenschaften hat, kann sich in dieser Welt behaupten. Im politischen Kontext klingt Pirat sein furchteinflößend und revolutionär. So hat ein bunter Haufen die blasse politische Bühne geentert. Doch ist, was die „Generation Internet“ plant, wirklichkeitstauglich?

Moritz Lohmann, 20 Jahre alt und wohnhaft am schönen Niederrhein. Doch nicht mehr lange. Mit abgeschlossenem Abitur steht ein Studium der Philosophie/ Politikwissenschaft in Aussicht. Und bis dahin? Reisen, Kulturen schnuppern, Horizont erweitern. Es ist Zeit für was Neues.

Unzufriedenheit mit etablierten Parteien sowie der Wunsch nach Wandel und ehrlicher Politik. Wenn diese Punkte für „Pirat sein“ stehen, dann sind tatsächlich viele Menschen Piraten. Viele Menschen sind jedoch nicht alle, und wenn ein Wandel Realität werden soll, sind „viele“ viel zu wenig.

Tatjana Littig, 25 Jahre alt und Kulturwissenschaftsstudentin. Was „man“ damit macht, kann ich nicht beantworten. Was ich damit möchte ist: Schreiben. Gerade entsteht meine Magisterarbeit zum Thema Gentrification. Kulturflatrate wäre auch spannend gewesen!

Trittin ist dafür, die Piraten dagegen. Nicht die Lösung des Problems sei das. Es muss gleich eine Reform des Urheberrechtsgesetzes her. Ich behaupte: Luxusprobleme! Damit können die Piraten unmöglich „alle“ sein.

Marie-Sophie Rudolph, 23 Jahre alt. Ich wohne in Leipzig und studiere Politik- und Medienwissenschaft. Vorher war ich in Berlin tätig. Zuerst in interreligiöser Jugendarbeit, dann in einer Redaktion für Berliner Musik- und Modethemen. Neben dem Studium bin ich als Redakteurin für Online und Video tätig und wirke beim Uni-Radio Mephisto 97.6 mit. Das Wichtigste ist für mich, jeden Tag Fragen stellen zu können – an mich und an andere. Und das am liebsten „multimedial“ – wie man so schön sagt.

Nein, das ist auch gut so! Das Spannende an den Piraten ist, dass sie anders sind als bisherige Politik. Außerdem ist es amüsant zu sehen, womit Politikbetrieb aufzuschrecken ist. Wenn es um die Leidenschaft geht, Politik zu hinterfragen und Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu suchen, wäre es jedoch gut, wenn wir alle etwas mehr „Pirat“ wären.

Philipp Idel, 20 Jahre alt. Aufgewachsen in Wiesbaden, lebe heute in Berlin. Dort Freiwilligendienst in einer Förderschule, zurzeit Praktika im politischen Bereich. War zu meiner Schulzeit aktiv im Jugendparlament. Schreibe unregelmäßig Artikel, zuletzt während einer Simulation der Vereinten Nationen, und deutlich regelmäßiger „Literarisches“ – was mir eben so in den Kopf kommt. Studiere ab nächstem Wintersemester Philosophie und Geschichte.

Ob wir jetzt alle Piraten sind? Hoffentlich nicht. Der Parlamentarismus funktioniert (immer noch) ganz gut und muss nicht „geentert“ werden. Probleme wie die enormen sozialen Ungleichheiten in der Welt oder den Klimawandel sollten wir dagegen schleunigst „versenken“. Im Ernst: Die Piraten-Debatte ist größtenteils eine Scheindebatte, die ablenkt und an den eigentlichen inhaltlichen Problemen vorbeigeht.

Margarethe Gallersdörfer, 22 Jahre alt. Ich studiere Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Politikwissenschaft in Berlin und kann das im vierten Semester sogar sagen, ohne zwischendrin Luft zu holen. Aufgewachsen in Genua und Erlangen. Seit ungefähr anderthalb Jahren bin ich im Prinjournalismus unterwegs und stecke viel Zeit und Herzblut in das Campusmagazin Furios.

Ich bin noch keine Piratin, aber gespannt, wie die Bewegung sich entwickelt. Sie hat mit der Frage nach der Freiheit im Netz ein riesiges Problem erkannt. Verklärung ist allerdings genauso albern wie Verteufelung. So verrottet ist "das System" auch wieder nicht. Aber Lüften hat noch nie geschadet!

Henrik Jonas Günther Seit 21 Jahren ein waschechter Pirat - zumindest, wenn man das Wort Piraterie vom griechischen „peiraomai“ ableitet, was so viel wie „auskundschaften“ bedeutet. Entdeckt seit zwei Jahren die ambivalente Welt der Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal. Nimmt besonders Kurs auf Friedensethik, genderbewusste und politische Theologie. In der kirchlichen Friedensbewegung beheimatet. 

Findet die Piraten avantgardistisch. Endlich eine Partei, die Frauen mit all ihrem Potenzial wahrnimmt: „Eine Frau [...] ,sollte mal richtig hart durchgefickt werden, vielleicht entspannt sie sich dann ja mal‘", dokumentieren die Jungen Piraten das Klima an Deck in einem offenen Brief. Klarmachen zum Ändern?

Sina Marx, gerade fertig mit dem Studium der Ethnologie, Politikwissenschaft und Malaiologie (Was das ist? Bitte googeln, noch darf man`s ja). Währenddessen immer viel auf Reisen, vor allem in Südostasien. Jetzt bin ich meist unterwegs für Mutter Natur als Mitarbeiterin in einem internationalen Forschungsprojekt zum Thema Wasser. Ach, und zum Nachnamen - verwandt nur im Geiste.

26 und ich fühl mich alt. In meinem Leben ohne Blogs und Twitter bemerke ich eher spät, was sich tut in der Welt des Internet. Und bin dann doch nicht so alt, wie die alteingesessenen Parteien aussehen. Darum würde ich die Piraten wählen. Nur so. Aus Protest. Deutschland - klarmachen zum Kentern?

Jonatan Schewe, 21 Jahre alt und mit libysch-israelischen Wurzeln. Aufgewachsen in der ostwestfälischen Provinz. Nach der Schule zog es mich in den Nahen Osten mit dem Ziel, mehr über seinen Konflikt zu lernen, in ihm zu leben und vielleicht auch zu verstehen. Redaktionelle Erfahrung verdanke ich meiner Zeit bei der öffentlich-rechtlichen Fernsehproduktionsfirma wellenreiter.tv in Köln.

Zurzeit reise ich durch die USA und freue mich schon auf den Workshop in Berlin! Sind wir alle Piraten? Urheberrechtsverletzer ohne Unrechtsbewusstsein? Idealisten! Überzeugt von Liquid Democracy? Und: Wären wir alle Piraten, bräuchten wir dann überhaupt noch ein Parlament? Würde Lobbyismus nicht einfach nur von Populismus abgelöst?

Brigitte Malungo, 22 Jahre jung, geboren in Angola, aufgewachsen in Weinstadt. Nach dem Abitur 20-monatiger Au-pair-Aufenthalt in Madrid. Ich liebe Sprachen und Kulturen und ich schreibe gerne. Journalismus ist super – ob’s mein Weg wird, weiß ich noch nicht genau. Momentan sammele ich Eindrücke und Erfahrungen bei dem lesbischen Magazin L-MAG und finde es toll, mich dabei auch selbst entdecken zu können!

Bin ich eine Piratin, weil ich die Freiheit liebe? Bin ich eine Piratin, weil mir Gemeinschaft am Herzen liegt? Freie Entfaltung, Selbstbestimmung, Ideen von allen für alle  – wenn das Pirat sein bedeutet, dann haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Die Pirat_innen kämpfen für ihre Ziele. Und wir?

Baran Topbas Ich bin 22 Jahre alt, ursprünglich aus Bielefeld und studiere seit zwei Semestern Politik- und Verwaltungswissenschaften an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Nach meinem Abitur habe ich ein FSJ in Chicago mit der Aktion Sühnezeichen in einem Seniorenheim für Holocaustüberlebende absolviert. Ich freue mich über die Möglichkeit, meine ersten journalistischen Erfahrungen bei der taz zu sammeln.

Sind wir alle Piraten? Ja! Denn wir alle haben wenig Ahnung von Politik und sitzen lange am Rechner. Ob wir die Piraten deswegen wählen sollten, ist eine andere Frage. Die Wut, die sie bei den etablierten Parteien und Politikern auslöst, macht sie jedenfalls interessant.

Ina Hammel Schule, ein viel zu kurzes Jahr in Japan, wieder zurück in der Schule, Abi, Freiwilliges Soziales Jahr und jetzt Studium. Da wären wir! Grade 21, stehe ich mitten in meinem Politik- und Ethnologiestudium in Frankfurt und engagiere mich nebenbei, wenn ich Zeit habe, in verschiedenen politischen oder gesellschaftlichen Kontexten. 

Faschingsverkleidung Pirat war ein Dauerrenner. Der Pirat stand für Austritt aus dem System und Eintritt in etwas Neues. Etwas Neues, das bringen die Piraten: einen Fokus auf vorher eher unbeachtete Themen. Aber sonst? Wer oder was ist das eigentlich „ein Pirat"- im politischen Sinne? Und warum soll ich jetzt Pirat sein?

Baran Datli, 22 Jahre alt und junger Medienschaffender. Geboren und aufgewachsen in München. Momentan studiere ich Politikwissenschaft, arbeite in der Presseabteilung des C.H. Beck Verlags und bin Redakteur des lokalen Radiosenders afk M94.5. Meine Reise führte mich von der politischen Jugendarbeit bis zur Sozialpädagogik. Angekommen bin ich beim Journalismus und nebenbei in der Hochschulpolitik.

Jeder will mal Pirat sein. Vorschüler im Fasching machen es vor, wovon aufstrebende Politiker nur träumen – einmal im Leben Pirat sein. Das Unbekannte liebend, strebt er danach,  (politisches) Neuland zu erkunden. Grenzen kennt er keine. Eine Art Weltenbürger – das ist ein Pirat. Vielleicht sollte dann jeder einer sein. Oder lieber doch nicht? Piraten im Saarland, im Golf von Aden und im Internet, überall hinterlassen sie nur Verwirrung. Das Einzige, was bleibt, ist die Frage: Sind wir denn alle nun Piraten?

Zacharias Wittmann, 21 Jahre alt, aus Bayern und bald endlich das Abi in der Tasche. Aufgewachsen in Schwaben, lebe ich nun im schönen Oberbayern, was jedoch nicht auf meinen Dialekt schließen lässt, was mich wiederum hoffentlich „hauptstadttauglich" macht. Neben der freien Mitarbeit in Lokalradio und -zeitung gehe - sagen wir - rolle ich einer besonderen Leidenschaft nach. Ich spiele Rollstuhlbasketball.

Sind wir alle Piraten? Natürlich! So provokant diese Frage auch klingen mag, sie ist berechtigt und wirft weitere Fragen auf, auch abseits des politischen Trends. Versucht nicht jeder, sich auf Kosten anderer Vorteile zu verschaffen? Sich zu bereichern? Die Piraterie ist Teil unseres täglichen Lebens.

Hrvoje Šantek, 26, Studium der Rechte, Radiohören und Spazieren. Vorname mit etwas Übung aussprechbar (Tipp: zwischen das h und das r ein stummes i schieben und r rrrollen). Aus Südosteuropa und Hessen.

Sind wir alle Piraten? Verallgemeinerungen sind sexy. Also: ja! Alle piratieren. Und werden piratiert. So etwas wie Jäger und Gejagte. Die meisten werden viel krasser piratiert, als sie selbst piratieren. Bei den wenigsten ist es genau umgekehrt.

Maria Arkadieff, 22 Jahre alt. Studium der Sozialwissenschaften und Philosophie als Bachelor. Ich habe bisher viel lernen dürfen, recht viel gemacht. Einiges sicher auch ganz gut. Zurzeit mache ich „keinen Stress“ und frage mich immer wieder, welche Funktion in dieser Gesellschaft ich denn erfüllen möchte? In die Politik? Ins Private? Fest steht, dass ich in meinem Leben vermutlich sehr viel schreiben werde. Es steht leider nicht fest, für wen und wozu.

„Sind wir alle Piraten?“ Wer alle und wer Piraten? Mit Sicherheit sind wir alle, d. h. die Gesellschaft (auch) Piraten: Denn neue Parteien, neue Bewegungen zeigen stets auf, welche Kräfte, welche Potentiale sich entwickeln konnten und nun entfaltet werden wollen. Zu stellen ist die Frage, was für Kräfte es sind und wie sie fruchtbar gemacht werden können.