Das Leben ist ein langer ruhiger Fluß

■ SPD und CDU: Ausbau der Mittelweser forcieren / Bremer Ökologen strikt dagegen

In den Häfen Bremens und Bremerhavens herrscht Hochbetrieb, meinen die Fraktionen von SPD und CDU in Bremen. Damit das so bleibt und die Wettbewerbsfähigkeit der Mittelweser auch langfris-tig gesichert ist, fordern sie in einem gemeinsamen „Dringlichkeitsantrag“ an den Senat einen forcierten Ausbau des Flusses sowie eine Anpassung der Schleusengrößen in Dörverden und Minden. Dadurch soll auch die Verlagerung des Transportverkehrs von Land- auf Wasserstraßen begünstigt werden.

Der Antrag von SPD und CDU bezieht sich auf das 1997 modifizierte Mittelweser-Abkommen, das einen Ausbau auf 2,50 Meter Abladetiefe vorsieht. Geschehen ist bisher noch nichts. Viele Fragen, wie beispielsweise die Unterbringung des Baggerguts, seien noch immer ungeklärt, beklagt sich Renate Bartholomäus-Lüthge, Referatsleiterin für Grundfragen des Verkehrs beim Senator für Wirtschaft und Häfen. Mit dem Dringlichkeitsantrag wollen die Fraktionen offenbar den Druck erhöhen. Schließlich befürchten manche, dass der Weser-Ausbau aus haushaltspolitischen Gründen bewusst verzögert wird – zugunsten der Elbe-Region.

Die quasi-ökologische Argumentation der Antragssteller indes hält der Gewässerbiologe der Universität Bremen, Michael Schirmer, für eine „Mogelpackung“. Seiner Meinung nach handelt es sich bei den Protagonisten des Weser-Ausbaus um eine „ungute Allianz“ der Stromwirtschaft, die Wasserkraftwerke an der Weser betreibt, der Landwirtschaft, die Flächen im nahen Uferbereich beack-ert, und der Schifffahrtsindustrie. Die Weser solle zu einem Kanal degradiert werden, der mit einem Fluss nichts mehr gemein habe. Dass das auf Kosten des gesamten Ökosystems geht, hätten schon die Ausbaumaßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt.

Auch Martin Rode, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Bremen (BUND), hält die Argumentation der politischen Antragsteller für fadenscheinig. Der Grund: Das Verkehrsaufkommen auf der Weser sei vergleichsweise gering. Der Experte hält es für unwahrscheinlich, dass es durch einen weiteren Ausbau wesentlich gesteigert werden könne, da gerade im Bereich des Containertransportes der Transport über die Schiene günstiger sei.

Für viel sinnvoller hält Rode die Einführung eines elektronisch gestützten Leitsystems, ähnlich wie es in der Seeschifffahrt schon lange erfolgreich eingesetzt wird. Durch die genaue Übertragung der Schiffbewegungen können Kollisionen verhindert werden. Eine Vertiefung der Weser, die es ermöglicht, dass zwei große Schiffe gleichzeitig passieren, wäre damit in vielen der betroffenen Kurven des Flussesüberflüssig. VvO