: Atomtransporte nicht geheim
Angebliche Geheimtransporte aus Hanau nach Frankreich waren öffentlich erörtert worden. Kein strahlendes Material bewegt, keine Castoren eingesetzt
FRANKFURT taz ■ „Es gibt keine Geheimtransporte“, sagte gestern Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Er reagierte damit auf Meldungen über angebliche Geheimtransporte von Brennelementen von Hanau zur französischen Wiederaufbereitungsanlage (WAA) der Firma Cogema in La Hague, die am Mittwoch von Atomkraftgegnern der Gruppe „Wise“ in Paris in der Zeitung Le Monde moniert worden waren. Das seien keine Castor-Transporte gewesen, betonte Trittin.
Wegen strahlender undichter Castoren hatte noch die Regierung Helmut Kohl (CDU) 1998 ein Transportverbot erlassen. Doch nicht nur deshalb hat Rot-Grün das Transportverbot nicht verletzt. In keinem der Behälter, die in den vergangenen beiden Jahren von Hessen nach Frankreich geschafft wurden, war nach Informationen der taz Atommüll. Wie der Leiter des Projektes „Rückbau“ der Firma Siemens in Hanau, Helmut Rupar, auf Nachfrage erklärte, seien mit Genehmigung der ehemaligen rot-grünen Landesregierung in Hessen im Jahre 2000 ausschließlich „unbestrahlte Lagerbrennelemente“ nach La Hague transportiert worden. Die 1995 vom damaligen hessischen Umweltminister Joschka Fischer stillgelegte Mischoxyd-(MOX)-Fabrik Alkem, für die seit 1996 eine grundsätzliche Rückbau- und Abrissgenehmigung vorliegt, sollte leergefahren werden. Vier Transporte mit „Lagerbrennelementen“ – also unbestrahlten Brennstäben – seien deshalb im vergangenen Jahr notwendig gewesen. Siemens-Manager Rupar wies darauf hin, dass die Transporte auf den öffentlichen Erörterungsterminen zum Rückbau von Alkem (alt) zur Sprache gekommen seien. Dass eine Atomfabrik nicht abgerissen werden könne, ohne zuvor geleert worden zu sein, sei damals allen Beteiligten klar gewesen. Über die Proteste heute könne er sich deshalb nur wundern. Eduard Bernhard vom Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) räumte gegenüber der taz ein, bei der öffentlichen Erörterung damals die angekündigten Transporte nicht moniert zu haben. Von Trittin forderte Bernhard jetzt „die Offenlegung zukünftiger Transporttermine und klare Inhaltsangaben“.
Wie Rupar gestern sagte, wollten die deutschen Energieversorgungsunternehmen (EVU), denen (fast) alles Uran und Plutonium in Hanau gehört, das Uran in den MOX-Brennelementen von der französischen WAA-Betreibergesellschaft Cogema wieder vom Plutonium separieren lassen. Damit dürfte die Cogema aber ein Problem haben, wie „Wise“-Sprecher Mycle Schneider gestern in Paris erklärte. Sie habe dafür nämlich keine Genehmigung. Und die Atomfabrik der Cogema im südfranzösischen Cadarache, in der das noch zu separierende Uran für deutsche AKW in Brennelemente gefüllt werden soll, verfüge nur noch über eine Betriebsgenehmigung bis 2002.
Schützenhilfe bekam Jürgen Trittin gestern von seiner grünen Parteivorsitzenden Petra Roth. Die Transporte von Hanau nach La Hague seien nicht dem seit 1998 geltenden Transportstopp unterworfen gewesen, sagte Roth. Ebenso wie der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion kritisierte sie aber die Informationspolitik der Bundesregierung: „Die Bevölkerung hat ein Recht zu wissen, was transportiert wird.“
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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