: Fordern und Verführen
■ Von Beusts Schul-Beraterin ist nicht immer seiner Meinung
„Das Gute an externen Beratern ist, dass sie eigene Meinungen haben“, erklärt CDU-Fraktionschef Ole von Beust, warum die Frau an seiner Seite in vielen Fragen anderer Ansicht ist als er. Christina Keil ist seine Beraterin für den Bereich Schule. Eine Frau aus dem Klassenzimmer: Die Lehrerin arbeitet seit fast zehn Jahren im „Problemstadtteil“ Veddel.
Aus ihren Erfahrungen leitet sie Forderungen ab: Grundschulklassen in den so genannten sozialen Brennpunkten sollten nicht wie jetzt 25 bis 28, sondern maximal 20 Schüler haben, „denn mindestens 50 Prozent der Kinder bringen Verhaltensauffälligkeiten mit“. Voraussetzung für Erfolg in der Schule sei Sprachkenntnis. Deshalb fordert sie mehr Sprachförderung für Kinder und ihre Eltern und plant gemeinsame Projekte mit Moscheen und Unternehmen, denn „innovative Schulpolitik sieht Schule im Zusammenhang mit Standorten“.
Sie setzt dabei „auf eine Mischung aus Fordern und Verführen“. Sie ist gegen Kindergartenpflicht und auch gegen das, was Ole von Beust will: „Wer bei der Einschulung kein Deutsch kann, wird für ein Jahr zurückgestellt und muss es in dem Jahr lernen.“ Das würde Keil lieber von Fall zu Fall entscheiden: „Wenn der dann erst mit acht zur Schule kommt, würde ich das nicht machen.“
Sie will drittens mehr Ganztagsschulen und viertens mehr Sportunterricht. Christina Keil fordert viel, was es schon gibt, aber offenbar nicht genug bringt, sie spricht von „kleinen Persönchen“ und davon, dass „menschliche Nähe“ für sie „das Entscheidende“ sei. Sie redet nicht über das, was man von der CDU sonst zur Schulpolitik hört: Dass zu viele aufs Gymnasium gehen und die Begabten besser gefördert werden müssen. Im Gegenteil, sie hat sich die Schwachen zum Schwerpunkt genommen und ist gegen die von der CDU geforderten Kopfnoten. Warum Ole von Beust sie als Beraterin genommen hat? „Man neigt dazu, sich in die eigenen Programme zu verstricken und im eigenen Saft zu kochen“, sagt er.
Tatsächlich will er sich durch die öffentlichen Auftritte seiner Beraterin vermutlich Wählergruppen erschließen, die von der Höherbegabten-Pädagogik der CDU nichts halten. Schade nur, dass das auf die tatsächliche Politik keinen Einfluss haben wird. Sandra Wilsdorf
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