: Organisierter Mob
Guatemalas mächtiger Medienminister Rabbé lässt eine unabhängige Tageszeitung, „El Periódico“, attackieren
SAN SALVADOR taz ■ Der guatemaltekische Informationsminister Luis Rabbé rief seine Truppen, und sie kamen. Am Dienstag hat ein rund 200-köpfiger Mob versucht, die Redaktion der Zeitung El Periódico in Guatemala-Stadt zu stürmen. Die Leute warfen brennende Zeitungen ins Gebäude, versuchten die Türen einzutreten und skandierten „Rabbé Presidente“. Erst als die Polizei aufzog, trollte sich die Menge.
Der Angriff hat einen journalistischen Grund: El Periódico hatte zuvor eine ausführliche Recherche veröffentlicht, nach der Rabbé durch und durch korrupt ist. So soll er vor kurzem als Minister Millionenaufträge ohne öffentliche Ausschreibung an Firmen vergeben haben, die eigens zu diesem Zweck gegründet worden waren. Rabbé, selbst Medienunternehmer, schweigt zu den Vorwürfen. Aber seine zwei Fernsehsender und mehr als zwanzig Radiostationen machen, seit er im Amt ist, Dauerwahlkampf für ihn. Er will in drei Jahren selbst Präsident werden. Es war fast absehbar, dass ihm El Periódico irgendwann in die Wade beißen würde. Die Tageszeitung ist die einzig lesenswerte Publikation in Guatemala und hat sich mit der Enthüllung von Korruptionsskandalen einen Namen gemacht. Nach einer permanenten Finanzkrise wurde sie inzwischen zur Hälfte vom Marktführer La Prensa Libre aufgekauft. Der journalistischen Unabhängigkeit hat dies bislang keinen Schaden zugefügt. El Periódico füllt heute die Lücke, die das Nachrichtenmagazin Crónica hinterließ. Das einst regierungskritische Blatt war von der vorherigen Regierung fertig gemacht worden. Der damalige Präsident Alvaro Arzú organisierte einen Anzeigenboykott gegen die ohnehin defizitäre Zeitschrift und zwang damit ihren Besitzer zum Verkauf. Die gesamte Redaktion verließ das Magazin. Heute ist Crónica ein harmloses Unterhaltungsblättchen. TONI KEPPELER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen