piwik no script img

Energie rund um die Uhr

Knapp 20 Kilometer südwestlich von Bitburg entsteht ein Projekt, das schon bald bundesweit Pilotcharakter haben wird. Windturbinen werden mit einem Biomassekraftwerk gekoppelt

Auf der Strecke zwischen Euskirchen und Bitburg gibt es mittlerweile einige Windmühlen der Megawattklasse. Allen Unkenrufen zum Trotz: Von einer „Landschaftsverschandelung“ kann keine Rede sein. Auf einer Strecke von 80 Kilometern tauchen in Abständen von einigen Kilometern hier und da Einzelanlagen und kleine Gruppen von Windrädern auf. Sie fallen zwar auf, aber sie stören nicht – von einer „Verspargelung“, wie manche immer wieder meinen, kann also keine Rede sein.

Doch auch in der Eifel gibt es bereits einige Windpioniere, die schon auf weitere regenerative Energiequellen setzen. „Wir müssen sorgfältig mit der Landschaft umgehen. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf die Biomasse als sinnvolle Ergänzung zur Windenergie“, meint Andreas Knaf, Geschäftsführer der Planungsgesellschaft Alternet. Der Name ist Programm: Der 42-jährige ehemalige Telekom-Techniker plant und projektiert seit Mitte 1995 in der Eifel Windparks. Sein größtes Projekt hat er am Ortsrand der Gemeinde Mettendorf in der Nähe Bitburgs im vorigen Jahr realisiert. Elf Turbinen des Lübecker Anlagenbauers DeWind mit einer Leistung von 600 Kilowatt (kW) drehen sich auf einer Anhöhe.

„Die Mühlen laufen wie ein VW“, meint Knaf. Sein Windpark Nußbaum wird demnächst nur noch von einer neuen Parkanlage übertroffen, der zurzeit auf der gegenüberliegenden Hügelkette hochgezogen wird. Dort realisiert das Erkelenzer Planungsunternehmen Umweltkontor einen Windpark mit zehn NEG-Micon Anlagen, die jeweils über eine Leistung von 1.000 kW verfügen. Drei weitere kleinere Projekte mit jeweils zwei, drei Propellern werden südwestlich von Mettendorf in diesem Frühjahr aus dem Boden gestampft. Damit verfügt die 1.200-Seelen-Gemeinde Mettendorf über eine Windkraftkapazität von immerhin rund 35 Megawatt (MW). „Damit können wir etwa 70 Millionen Kilowattstunden Ökostrom produzieren“, erklärt Andreas Knaf. Mehr als genug für Mettendorf. Die Windenergie aus Rheinland-Pfalz reicht aus, um die Hälfte der Einwohner von Trier mit grünem Saft zu versorgen.

Eigentlich könnte Andreas Knaf mit dieser Aufbauleistung zufrieden sein – ist er aber nicht. Der Grund: Windkraftgegner fragen immer, was denn die Turbinen machten, wenn der Wind mal nicht blase? Antwort: Sie stehen still – also fließt kein Ökostrom ins Netz.

In der Region rund um Mettendorf blüht auch die Forstwirtschaft. Holz fällt dort üppig an. „Deswegen haben wir uns dafür entschieden, die Biomasse Holz zu verstromen und die anfallende Prozesswärme weiter zu nutzen“, sagt der Windparkplaner. Eigentlich nichts Besonderes, wäre da nicht die Technik, auf die Knaf setzt, eine Innovation, die in großem Stil in den Vereinigten Staaten eingesetzt wird. In herkömmlichen Biomassekraftwerken wird Holz als Primärenergieträger in Kesseln verbrannt, anschließend Dampf erhitzt, der jagt dann durch Turbinen, und erst die wiederum treiben einen Generator an, der grünen Strom produziert. Und eher nebenbei wird auch noch Wärme abgezapft, weitergeleitet und genutzt.

Ganz anders das Konzept von Alternet. Die Holzschnitzel werden bei dem geplanten Biomasseprojekt in Mettendorf in einem Reaktor bei 1.300 Grad Celsius vergast. In fünf Blockheizkraftwerken (BHKW) mit einer Gesamtleistung von zwei Megawatt soll mit neuester Technologie Strom und Wärme gleichzeitig produziert werden. Vorteil des Verfahrens: Durch die Vergasertechnik kann der Wirkungsgrad der Biomassenutzung von bisher rund 19 Prozent auf fast 28 Prozent gesteigert werden. „Eine echte Innovation bei der Nutzung der Biomasse Holz“, meint Andreas Knaf.

Vorteil für Mettendorf und die benachbarten Ortschaften: Wenn das Projekt Mitte des Jahres realisiert worden ist, fließt zum einen Ökostrom rund um die Uhr, und zum anderen profitieren zwei größere Betriebe im Gewerbepark Mettendorf von dem Biomasse-Projekt, das Alternet realisieren will. Die Wärme, die bei der Kraft-Wärme-Kopplung in der Holzvergasungsanlage entsteht, wird von einer Lebensmittelfirma und einer Schreinerei abgenommen. „Durch diese Verwertungsmöglichkeiten und das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird sich die Anlage rechnen“, meint Knaf.

Über die Investitionssumme schweigt er. Doch die wird nicht höher sein als das, was seine Firma für den DeWind-Windpark hinblättern musste. Wenn alles nach Plan läuft, wird das Biomassekraftwerk bereits im Sommer seine ersten grünen Elektronen produzieren. „Dann werden wir den Windkraftgegnern zeigen, wie sich Ökostrom im Verbund rund um die Uhr produzieren lässt“, so der mittlerweile zum Biomassefan mutierte Windpionier Knaf.

Bisher hat erst die amerikanische Future Energy Resources Corporation (Ferco) den kommerziellen Betrieb einer Holzvergasungsanlage aufgenommen. Das Projekt wurde vom US-Energieministerium finanziell unterstützt. In einer Pilotanlage wurden 285 Tonnen Holzsplitter in so genanntes Silva-Gas umgewandelt, das Erdgas ersetzen kann. Das Silva-Gas wurde auf direktem Weg über Pipelines im McNeil-Elektrizitätswerk des Electric Department von Burlington im US-Bundesstaat Vermont in 140 Megawattstunden elektrische Leistung umgewandelt, was für die Energieversorgung von 6.000 Haushalten ausreichte.

Die amerikanischen Erfahrungen will Alternet nun für das Projekt in Mettendorf nutzen. Schließlich hat die Ortschaft mit Burlington in Vermont zumindest eines gemeinsam – Holz gibt’s auch in der Eifel ohne Ende. „Was bei den Amerikanern klappt, sollte doch schließlich auch in der Eifel realisierbar sein“, schmunzelt Andreas Knaf.

MICHAEL FRANKEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen