: Die Unruhe nach dem Sturm
Nach den gescheiterten Verhandlungen zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und der Kirch-Gruppe geht der Streit erst richtig los: Die ARD-Anstalten zanken sich untereinander, das ZDF ist sauer – und nun murrt auch noch der Bund der Steuerzahler
BERLIN dpa/ap/ddp ■ Versöhnen statt spalten! Warum sollten sich ARD, ZDF, Sat.1 und RTL nicht gütlich einigen und sportliche Großereignisse künftig untereinander aufteilen? Mit diesem Vorschlag preschte ORB-Chef Hansjürgen Rosenbauer vor, um die Wogen zu glätten. Leo Kirch indes hält die Verhandlungen um die Übertragungsrechte der Fußball-WMs 2002 und 2006 für „definitiv beendet“. ARD-Chef Fritz Pleitgen gibt sich dennoch kämpferisch: „Wenn die Weltmeisterschaft 2006 kommt, da mag Kirch jetzt sagen, was er will, werden wir antreten.“
Nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden des Verhandlungsführers, Albert Scharf vom BR, habe man nicht mehr gewusst, mit wem man verhandeln solle. Pikant: Scharf wurde zuletzt von Pleitgen vertreten. Ein Grund mehr, nach einem Schuldigen für das Debakel zu suchen.
Den Anfang machte denn auch Erwin Huber (CSU), Chef der Bayerischen Staatskanzlei, mit seiner Bemerkung, namentlich der NDR habe das Geschäft mit seiner „kleinkarierten und kurzsichtigen Taktik“ platzen lasssen. Aus ZDF-Kreisen ist Ähnliches zu vernehmen: „Am Ende haben zu viele Köche den Brei verdorben.“ Die Intendanten Jobst Plog (NDR) und Hansjürgen Rosenbauer (ORB) wehrten sich unisono gegen die Vorwürfe: „Alle verhandlungsziele wurden einstimmig gefasst“, sagte Plog der Welt. Rosenbauer räumte aber ein, „dass es zwischen den verschiedenen Sendern zu Meinungsverschiedenheiten“ gekommen sei. Dennoch sei die Autorität des ARD-Chefs nicht untergaben: Pleitgen selbst hatte sich, zusammen mit Vertretern von Südwestrundfunk und Bayerischem Rundfunk, für den Deal ausgesprochen. Wie Pleitgen mag auch Rosenbauer nicht ausschließen, „dass für 2006 noch etwas zu machen ist“. Aus ARD-Sicht sei „die Verhandlungstür noch nicht zugeschlagen“, pflichtete auch SWR-Intendant Peter Voß bei, verteidigte aber den Abbruch der Verhandlungen: „ARD und ZDF sind nicht dazu da, Kirch zu subventionieren.“
Anders sieht das der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrats, Kurt Beck. Er betonte, angesichts des „national bedeutenden Ereignisses“ wären die Kosten tragbar gewesen.
Unterdessen macht der Bund der Steuerzahler im Verbund mit der Bild-Zeitung Front gegen die mit Rücksicht auf den WM-Deal beschlossene Gebührenerhöhung. Ein Zug, auf den natürlich wiede die CSU gerne aufspringt: „Wenn der Handel platzt, muss das Gebührengeld eigentlich wieder an die Bürger zurückfließen“, forderte der CSU-Medienexperte Markus Söder. Die zuständige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) wiegelte unterdessen ab. Der KEF-Vorsitzende Rainer Conrad erklärte, die Gebühren stünden bis 2004 fest: „Da ist formal nichts dran zu ändern“. Und SWR-Chef Voß weiß, dass Forderungen nach einer Gebührensenkung „abwegig und allzu durchsichtig von den Interessen der Kirch-Gruppe inspiriert“ sind. Getrost abwarten kann nun der dritte große Block im deutschen Fernsehen: RTL in Köln. Doch da ist erst mal Karneval. FRA
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