: Eingeschränkte Lehrerabwerbung
Kultusminister: Während des Schuljahrs will man sich gegenseitig keine Lehrer mehr abspenstig machen
BERLIN taz ■ Karin Wolff ist stolz. Die hessische Kultusministerin ist aus der jüngsten Runde ihrer Ministerkollegen in Hannover gleich als halbe Siegerin hervorgegangen.
Am Donnerstagabend hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) das Vorgehen der Liberalen im Nachhinein legitimitiert, wonach die Bundesländer sich gegenseitig die Pädagogen abwerben können. Eine Einschränkung gilt aber: Während des laufenden Schuljahrs solle das nicht mehr geschehen. In ihrer Pressemitteilung betonte Wolff aber, dass Hessen „selbstverständlich weiterhin Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben“ werde. Immerhin will man sich dabei „fair verhalten“. Ihrer Partei hat die FDP-Ministerin zudem einen großen Gefallen getan – das Konkurrenzdenken steht seit vorgestern ausdrücklich in einem KMK-Dokument. Dort ist nun von „wünschenswertem förderalen Wettbewerb“ unter den Ländern um Lehrer die Rede. Karin Wolff formulierte das gegenüber der taz gestern weniger verklausuliert: „Wir haben den Wettbewerb ins Rollen gebracht.“
Die Minister einigten sich zudem auf Spielregeln zur Übernahme von Bewerbern aus anderen Ländern. Damit soll ein Wechsel der Lehrer über die Landesgrenzen vereinfacht – im laufenden Schuljahr aber vermieden werden. Genau an dieser Frage hatten sich die Kultusminister zuvor zerstritten: Hessen hatte im Dezember mit einer bundesweiten Werbekampagne um Lehrer geworben. Nordrhein-Westfalens Schulministerin Gabriele Behler (SPD) und Baden-Württembergs Annette Schavan (CDU) hatten erst geschimpft – und dann eigene Werbeplakate kleben lassen. Jetzt sind sich die Kultusminister wieder halbwegs einig. Mit pädagogischen Qualifizierungsprogrammen wollen sie auch Seiteneinsteiger aus anderen Berufen in den Schuldienst holen. Besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ist dies erwünscht. Außerdem will das Präsidium der KMK mit Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) über die Flexibilisierung des Laufbahnrechts sprechen. Das soll die Attraktivität des Lehrerberufs durch höhere Bezüge steigern helfen. Wie wichtig die Einigung war, zeigt der Fall Brandenburg. Dort steht die erste Abiturklasse ohne ausreichend Lehrer da, weil diese nach Berlin abgewandert sind. Seit Schuljahrsbeginn sind bereits rund 350 Lehrer in die Hauptstadt gegangen, berichtete Kultusminister Steffen Reiche (SPD) gestern.
Auf ihrer Frühjahrstagung haben sich die Länder außerdem auf eine gemeinsame Werbekampagne für mehr Lehrer verständigt. Das Image des Lehrerberufs müsse dringend verbessert werden, sagte die Präsidentin der KMK, Annette Schavan.
CHRISTIAN FÜLLER
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