: In die Heimat des Konfuzius
■ Das Übersee-Museum zeigt jetzt, wie deutsche Knabberstangen chinesische Hamster satt machen und warum indonesische Schönheiten Goldschlägereien aus Bremen im Mund haben
Wenn im Übersee-Museum ein Sack Reis umfällt, dann liegt er nicht lange, sondern wird von eifrigem Museumspersonal schnell wieder aufgestellt. Dann steht er da neben den beiden anderen thailändischen Reissäcken, neben der Drei-Kilo-Dose Mungobohnen und neben dem Tütchen Tom-Yum-Würzpaste in der Südostasienabteilung. All diese Lebensmittel haben eine lange Reise zurückgelegt und sind jetzt in einer Sonderausstellung zu bestaunen.
„Asiatisch leise, zügig und reibungslos“ sei die neue Schau namens „Wege nach Asien“ entstanden, sagte Museumsdirektorin Viola König bei der Eröffnung. 25 Bremer Firmen mit Handelswegen nach Asien haben sich an der Ausstellung beteiligt. Dabei ist zum Beispiel die Bremer Goldschlägerei, deren Gebisse seit über 100 Jahren die Münder indonesischer Schönheiten zieren. Chinesische Hamster knabbern an Knusperstangen von Vitakraft. Und schließlich – wer kann schon widerstehen – macht die Bremer Hachez-Schokolade auch JapanerInnen glücklich. Vielleicht auch nur wegen der typisch bremischen Verpackung mit dem Kölner Dom oben drauf.
Besonders herausragend und auf jeden Fall lauter als ein umfallender Sack Reis ist der Beitrag der Brauerei Beck & Co. Hier hat die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit wohl Lunte gerochen, ihre Beck's-PR-Schaufensterpuppe mit Beck's-anzug und Sixpack in einem chinesischen Beck's-Restaurant drapiert. Um die Ecke tingeln Beck's-Inlineskater und Beck's-Trinker am sonnigen Nachmittag über einen Fernsehbildschirm. Auch das Beck's-Segelschiff sailt im PR-Streifen away. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Zumindest die anderen 24 Firmen haben sich mit aggressiven Werbemaßnahmen zurückgehalten.
Dass die Firma Melchers & Co. die erste war, die vor weit mehr als 100 Jahren den Teehandel mit dem Heimatland von Konfuzius aufbaute, wird dezent am Rand erklärt. Heute bedienen die Bremer Teehandelsfirmen etwa 30 Prozent des gesamten Teeverbrauchs in Deutschland. Eine stolze Zahl. „Mein Urgroßonkel war der erste Melchers, der sich in Asien niedergelassen hat“, erzählt Henning Melchers. „Nicht viel später stand in fast jedem asiatischen Haushalt eine Melchers-Öllampe.“ Das Blatt hat sich gewendet. Heute produziert der asiatische Raum Uhren, die nach Deutschland exportiert werden. Aber nicht nur Uhren, sondern auch Batterien, Krawatten, Löffel, Radios, Comic-Heftchen und die Diabas-Steine, mit denen die Schlachte gepflastert ist. Die Wege nach Asien werden immer mehr auch zu Wegen von Asien nach Europa.
Die Ausstellung ist – wie so vieles andere auch – dem 100-jährigen Jubiläum des Ostasiatischen Vereins in Bremen gewidmet. Der Ausstellungskurator Andreas Lüderwaldt hat auch Einzelstücke aus privaten Asiensammlungen ins Museum geholt. Im Mittelpunkt steht neben dem Beck's-Restaurant ein chinesisches Zimmer, das sich ein Bremer Seefahrer aus Vegesack als Erinnerung an seinen Asien-Besuch zugelegt hat. Auch Stücke aus der Asienabteilung des Übersee-Museums schmücken die farbenfrohen Ausstellungsräume. Es lohnt sich, mal reinzuschauen, denn auch wenn in China ein Sack Reis umfällt, wird er wieder aufgestellt, auf ein Schiff verladen und vielleicht nach Deutschland exportiert. Susanne Polig
Die „Wege nach Asien“ können noch bis zum 28. Oktober im Übersee-Museum beschritten werden.
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