: Schulreform-Korrektur erfordert politischen Mut
Der Senat „beobachtet“ den Nachwuchsmangel in den Naturwissenschaften also „mit Sorge“. Es klingt gut, wenn die Betonung nicht auf „beobachtet“ liegt, sondern auf der „Sorge“. Inzwischen kann man auch den absehbaren Mangel an LehrerInnen für diese Fächer „beobachten“.
Das Problem besteht seit Jahren. Höchste Zeit, etwas zu tun. Schon die schlichte Verabredung unter den Schulen darüber, wo welcher Leistungskurs verbindlich angeboten wird, würde viel helfen. Die wenigen SchülerInnen, die sich für Naturwissenschaften als Leistungsfach entscheiden, bekämen es wenigstens. Als nächstes wäre nun die Begeisterung für diese Fächer zu fördern. Die Voraussetzung dafür wäre guter Mittelstufenunterricht – doch Curricula sind altbacken, obwohl man weiß, dass „Projektunterricht“ Motivation schafft.
Diese Missstände sind keinen Moment länger hinzunehmen – auch nicht unter Verweis auf eine große Oberstufenreform, wie sie vertrauliche Runden derzeit vorbereiten. Zumal sich Willi Lemke noch nicht getraut hat, die Ziele seiner Behörde öffentlich zu machen und sich demonstrativ dazu zu bekennen.
Ein wenig Mut gehört dazu, denn die Behörde will in Vorwahlkampfzeiten genau das abschaffen, was vor sieben Jahren Bildungssenator Henning Scherf und Nachfolgerin Bringfriede Kahrs mit warmen Worten eingeführt haben. Die Frage ist jetzt, ob Lemke diesen politischen Mut um der Sache Willen aufbringt.
Klaus Wolschner
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