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Milbradt lässt nix raus

Untersuchungsausschuss hört Sachsens geschassten Finanzminister zu dubiosem Behördenzentrum an

DRESDEN taz ■ Nach Sachsens Regierungschef Kurt Biedenkopf musste gestern der abservierte Finanzminister Georg Milbradt dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss in Dresden Rede und Antwort stehen. Kurt Biedenkopf hatte den Politiker vor vier Wochen zuerst öffentlich mit „miserabel“ betitelt, dann als Finanzminister entlassen und damit in der sächsischen Union eine heftige Führungskrise ausgelöst.

Mitte der 90er-Jahre waren mehrere Landesbehörden in den über eine Milliarde Mark teuren Bau in Leipzig-Paunsdorf umgezogen. Hat Biedenkopf seinen Freund Heinz Barth bei Bau und Vermietung des Behördenzentrums begünstigt? Ist dem Freistaat Sachsen tatsächlich der von der PDS vorgerechnete Schaden von 350 Millionen Mark entstanden? „Es wurde kolportiert, ich hätte noch ein paar Dinge auf der Pfanne, die ich hier rauslasse. Das ist falsch“, erklärte Milbradt gleich zu Beginn der Vernehmung. Die Anmietung sei sicher „kein Schnäppchen gewesen, aber sie war auch nicht überteuert“. Ein Schaden jedenfalls sei Sachsen nicht entstanden. Der Investor und Duzfreund Biedenkopfs hätte Methoden gehabt, „die bis zur Lästigkeit gingen“, erklärte Milbradt.

Anders als die rigide Art Biedenkopfs am Montag – „Ich habe da angerufen, Bescheid gestoßen, eingehängt, und dann haben die das gemacht“ – trat Milbradt – „meine ehemaligen Mitarbeiter und ich“ – gestern sehr souverän auf. Der Exfinanzminister sprach von „unterschiedlichen Kulturen“ in der sächsischen Politik. Er jedenfalls habe eine „sehr dezentrale Entscheidungshierarchie gepflegt“ und, wenn es sein musste, dem Ministerpräsidenten widersprochen.

Derweil forderte André Hahn, Ausschussmitglied und parlamentarischer PDS-Geschäftführer, Biedenkopf auf, Ungereimtheiten in der Vernehmung zu klären. Biedenkopf hatte erklärt, den Flugdienst seines Freundes Barth allenfalls ein-, zweimal in Anspruch genommen zu haben. Hahn: „Die Flugliste der Staatskanzlei weist mindestens 13 Flüge aus.“ Zweitens würde in Sachen Parteispende Aussage gegen Aussage stehen: Barth behaupte, er habe gespendet, Biedenkopf dementierte.

NICK REIMER

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