: Für Billigdeponien kommt 2005 das Aus
Neue Verordnung schreibt Verbrennung oder biologische Aufbereitung von Müll vor. BUND: Es fehlt an Anlagen
BERLIN taz ■ Für Müllentsorger hat Ostdeutschland echte Standortvorteile. Nirgendwo wird man seinen Abfall so billig los wie auf den schlecht gesicherten Altdeponien der ehemaligen DDR. Ohne Vorbehandlung kann dort fast alles abgeladen werden. Das Problem: Wasser sickert durch die Deponiekörper und gefährdet das Grundwasser, weil es auf seinem Weg Nitrate, Sulfate oder Schwermetalle aufnimmt. Gleichzeitig gärt der Müll und sondert Klimagase ab.
Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) will die tickenden Zeitbomben entschärfen. Heute tritt die Verordnung über die umweltverträgliche Ablagerung von Siedlungsabfällen in Kraft. Demnach muss Müll ab 1. Juni 2005 behandelt werden, ehe er auf der Deponie endet. Zwei Möglichkeiten sieht die Verordnung vor: verbrennen oder eine biologisch-mechanische Aufbereitung, bei der Müll so behandelt wird, dass er auf der Deponie kein klimaschädliches Methan mehr abgibt. Um das Verfahren wurde sieben Jahre gestritten. Ursprünglich hatte das Umweltministerium in seiner technischen Anleitung „Siedlungsabfall“ ausschließlich eine Verbrennung vorgesehen, gegen die vor allem Umweltschützer protestierten. „Es ist uns gelungen, einen Kompromiss zu finden“, freut sich nun Trittin. Auch die Branche ist zufrieden. „So kommen wir weg von der Monostruktur in der Abfallwirtschaft“, sagt der Geschäftsführer des Verbands kommunaler Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, Gert Krüger.
Doch ob sich bis 2005 die Verordnung überall realisieren lässt, bezweifelt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Berlin schafft zwei Drittel seines Mülls auf Altdeponien in Brandenburg“, sagt der Sprecher des Berliner Kreises Abfallwirtschaft, Michael Dahlhaus. Es sei unmöglich, bis 2005 ausreichend umweltschonende Aufbereitungsanlagen zu bauen. Seit Jahren sei absehbar, dass die Lagerung auf den alten Deponien verboten wird. Die Stadt habe Investitionen in alternative Entsorgungskonzepte verschlafen.
Krüger hält die Vorwürfe für unberechtigt. „Bis 2005 kann auf jeden Fall noch eine mechanisch-biologische Aufbereitungsanlage gebaut werden.“ Zudem hätten viele Verbrennungsanlagen noch Kapazitäten frei. Verbrennung ist nach Ansicht des BUND-Experten Hartmut Hoffmann aber die falsche Alternative. „Es kann vielfach noch eine Menge Müll verwertet werden. Die Restmüllmenge muss weiter sinken.“
RALF GEISSLER
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