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Vor der Seuche die Angst

Vor der Maul- und Klauenseuche sind alle gleich: Ökologisch gehaltene Tiere trifft es ebenso wie konventionell gehaltene

von BEATE STRENGE

Bei den deutschen Landwirten geht die Angst um, die Angst vor der Maul- und Klauenseuche. Experten schätzen das Risiko, dass die äußerst ansteckende Infektionskrankheit von Großbritannien nach Deutschland herüberschwappt, als sehr hoch ein. Und Biolandwirte sind genauso in Sorge wie konventionelle.

„Das ist wie bei der Grippewelle. Es kann Nichtraucher und Raucher treffen, Bio- und Aldi-Esser. Ökobetriebe sind gegen die Maul- und Klauenseuche nicht gefeit“, sagt Thomas Gosch vom Bundesvorstand des ökologischen Erzeugerverbandes Bioland. Für die Übertragung reicht es schon aus, dass zum Beispiel eine Ratte, die die Krankheit selbst nicht bekommen kann, das Virus von einem betroffenen Stall zu einem anderen trägt. Der Erreger wird mit der Milch und dem Speichel der infizierten Tiere ausgeschieden.

Wenn ein Tier im Stall Maul- und Klauenseuche hat, werden alle anderen angesteckt, weil auch eine Übertragung durch die Luft möglich ist. Und Virusexperten meinen sogar, dass gerade Tiere in ökologischer Haltung, die viel draußen leben und nicht nur in geschlossenen Ställen, einem noch höheren Infektionsrisiko ausgesetzt sind, weil sie im Freien mehr Kontakt zu potenziellen Erregern haben.

Auch glückliche Kühe trifft es

„Wir versuchen gerade, eine Ertragsausfallversicherung abzuschließen, aber das ist gar nicht so einfach“, berichtet Wilhelm Schäkel, Ökolandwirt auf der Bioland-Ranch Zempo in Brandenburg. Der Betrieb hat 700 Rinder, die glücklich auf der Weide grasen oder in Auslaufställen gehalten werden, ein Mastbetrieb, der keine Milch produziert, sondern nur Fleisch. Wenn Tiere aufgrund von Seuchen sterben oder getötet werden müssen, erstattet die gesetzliche Tierkasse, in die alle Landwirte einzahlen müssen, nur rund 70 bis 80 Prozent des geschätzten Tierwertes. Für den Verdienstausfall von 20 bis 30 Prozent können Landwirte eine private Zusatzversicherung abschließen. Doch diese Versicherungen sind durch das BSE-Risiko verunsichert und winken jetzt angesichts der Maul- und Klauenseuche teilweise ab. „Die Ersatzzahlungen der Tierkassen würden bei uns nicht ausreichen. Da ist man als größerer Betrieb ruck, zuck zahlungsunfähig, weil die Arbeitskräfte weiter Geld kosten“, sorgt sich Biolandwirt Schäkel.

Tierseuchen haben schon lange vor der Industrialisierung der Landwirtschaft gewütet. Mal war es die Tuberkulose, mal die Schweinepest, mal eben auch die Maul- und Klauenseuche. Vor allem durch bessere Stallhygiene sind diese Seuchen weitgehend eingedämmt worden. Doch heute werden sie durch die weltweiten Tiertransporte wieder stärker verbreitet. Daran ist die Ökolandwirtschaft auch beteiligt, aber deutlich weniger als die konventionelle. Denn Vermarktung in der Region ist das vorrangige Ziel im Ökolandbau. Zudem dürfen lebende Tiere nach den Ökogrundsätzen nur etwa 200 Kilometer weit transportiert werden – aus Tierschutzgründen.

Doch Biofleisch – eben von toten Tieren – bleibt längst nicht mehr nur in der Region. Und über Fleisch kann der Maul- und-Klauenseuche-Erreger ebenfalls übertragen werden. Das Virus kann immerhin bis zu drei Wochen ohne ein tierisches Opfer überleben. „Der Biofleischhandel läuft EU-weit hin und her“, bestätigt Thomas Gosch von Bioland. Und ausgerechnet die BSE-Krise hat die internationalen Biofleischtransporte so richtig in Schwung gebracht. In Deutschland zum Beispiel ist dadurch die Nachfrage nach Bioschweinefleisch ernorm gestiegen. „Wir haben bisher rund 35 000 Bioschweine pro Jahr in Deutschland verkauft, heute gibt es eine Nachfrage von rund 100.000 Schweinen im Jahr“, rechnet Bioland-Fachmann Gosch vor. Transporte aus Frankreich und Dänemark sind daher gang und gäbe. Und Bioschweinefleisch aus Großbritannien stand bis vor kurzem ganz oben auf der Wunschliste.

Die Möglichkeiten der Vorsorge gegen der Maul- und Klauenseuche bestehen einzig und allein in extremen Hygienemaßnahmen. Tierärzte sind von den Landwirtschaftskammern aufgerufen, sich bei jedem Hofbesuch neu einzukleiden. Landwirte sollen ihre Hofstiefel und Overalls zu Hause lassen. Um Kontakte zwischen Tierhaltern zu vermeiden, haben niedersächsische Landwirte gestern sogar eine Demonstration gegen den politischen Umgang mit BSE abgesagt, die am 6. März in Verden stattfinden sollte.

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