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Von Solo-Müttern und Phantomen

■ Eine Mutter erzählt, wie es ist, zwei Kinder ohne dazugehörigen Erzeuger zu erziehen. Der Mann fehlt ihr – in Sachen Erziehung – nicht, der Vater schon. Und das Mütter-Ghetto nervt

„Es fällt Arbeit weg.“ Das war Marget R.s erste Erkenntnis nach ihrer Trennung. „In all der Trauer und dem In-sich-Zerrissensein war das das erste, was mir aufgefallen ist: Es fällt Arbeit weg.“ Schön wär's, wenn das alles wäre, wenn auf einmal der Vater weg ist. „Ich hab' mich maßlos überfordert gefühlt, als ich versucht habe, beides – Vater und Mutter – zu sein.“ Irgendwann hat sie dann damit aufgehört – beispielsweise mit dem Sohn auf Teufel komm raus zu werkeln. „Das ist einfach unehrlich, das merken sie auch“, sagt Magret. Sie registriert, dass den Kindern jemand fehlt. Dass ihr Sohn übersprudelt, wenn Männer im Haus sind, mit dem Monteur in den Werkzeugkoffer und in den Kühlschrank kriecht. Und zum Schluss sagt: „Mein Vater wohnt nicht hier. Kannst du noch ein paar andere Sachen reparieren?“ Dass der Steppke vermeintlich Männliches Klasse findet, dass – nicht nur bei ihrem Sohn – aus dem Beruf des Vaters was Gigantisches wird: „Soldaten, Kämpfernaturen, die immer weit weg sein müssen.“

Ihre Tochter, registriert die Mutter, ist ganz anhänglich, möchte die liebe Tochter sein. Ganz die süße Kleine. „Ich weiß nicht, ob das bei anderen Familien auch so ist“, sinniert sie, und: „Ich denke, dass die Kinder sich viel eher an tradierten Rollen oriertieren und die auch übernehmen.“

Den Kindern fehlt einer. Der Mutter nicht. Nicht mehr. „Wir drei sind eine intakte Familie“, sagt Magret heute. „Was fehlt“, gesteht sie, „ist der Austausch ohne Anwesenheit der Kinder, über ihre Sorgen und Nöte oder über Schulprobleme.“ Und sonst: „Das andere ist ja nur, dass der Partner fehlt. Da sind Männer austauschbar, Väter aber nicht.“

Magret hat beobachtet und erfahren, „dass Alleinerziehende ihren Alltag weg von den Vätern organisieren. Die werden in Gedanken gar nicht mehr mitgerechnet.“ Aus Angst enttäuscht zu werden, wenn die Frau doch mal um Hilfe bittet, und weil der Vater inzwischen nicht mehr zum Alltag gehört.

An den Wochenenden, wenn dann Familie angesagt ist, die Kinder vielleicht beim Vater sind, dann bleiben die Alleinerziehenden allein. „Irgendwann merkst du, du bist nur noch unter Frauen“, erinnert sich Magret, die heute genervt ist von diesem „Ghetto“ und dem „jahrzehntelangen Suhlen in der Scheiße zur Zeit der Trennung“.

Männern seien die Solo-Mütter offenbar nicht ganz geheuer, hat Magret gemerkt. Wenn sie mal einen Mann kennenlernt, will sie am liebsten gleich zu Anfang sagten: „Ich habe zwei Kinder, ich rauche und ich glaube an Gott.“ Wer dann lachen und bleiben würde, mit dem gäbe es vielleicht eine Chance.

sgi

Magret R. heißt eigentlich ganz anders, aber mag hier nicht mit vollem Namen stehen, der Kinder wegen. „Und außerdem“, sagt sie, „soll das hier ja keine Kontaktanzeige sein, oder?“

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