piwik no script img

Fockes Klotz

■ Das Bremer Landesmuseum baut sich für acht Millionen Mark eine Schausammlung. Einige Anmerkungen zur Museumspraxis

ie Hamburger Kunsthalle hat schon seit vier Jahren ihren Klotz von Ungers, jetzt bekommt auch das Focke-Museum alias Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte seinen prominenten Kubus: Nach einem Entwurf des Architekten Gert Schulze entsteht seit Dezember ein Magazinneubau, für den gestern symbolisch der Grundstein gelegt wurde.

25 mal 25 Meter misst der Betonbau, der wie beim Übersee-Museum eine öffentlich zugängliche Schausammlung enthalten soll. Auf vier Ebenen inklusive Keller oder 2.000 Quadratmetern will Museumsdirektor Jörn Christiansen ab der schon Ende dieses Jahres geplanten Fertigstellung eine Art „kulturelles Gedächtnis“ der Stadt unterbringen. Magazinräume und ein zusätzlicher Sonderausstellungsraum, der mit dem bisherigen durch einen Brückengang verbunden wird, sind sozusagen die Hirnzellen dieses Gedächtnisses. Allein es kömmt drauf an, sie auch zu füllen. Und da gibt die derzeitige Ausstellungspraxis manchen Grund für vorauseilende Bedenken.

Das Übersee-Museum hat gerade unter dem Titel „Wege nach Asien“ den zentralen Teil der Schau für einen Beck's-Werbepavillon zur Verfügung gestellt. Damit gesellt sich das in seiner früheren Ausstellungsgestaltung kritische bis beckmesserische Haus zum Design-Zentrum, das keine derartige Vergangenheit hat. Dessen Präsentationen sehen häufig so aus, als seien sie von den Werbeabteilungen der vorgestellten Firmen entworfen worden. Diese Ausstellungen wiederum gesellen sich zu Präsentationen in der Unteren Rathaushalle, die wirklich von den Werbeabteilungen der Bremer Nahrungs- und Genussmittelfirmen gestaltet wurden – und dort vielleicht auch hingehören.

Die neue Museumspraxis heißt auf Neudeutsch Public Private Partnership. Der Magazinneubau des Focke-Museums, der das 1964 fertiggestellte Haupthaus überragen und wie das Dach vom Dom oder der Glocke eine Kupferverkleidung bekommen wird, ist schon fast eine Privatveranstaltung. Mit 5,7 Millionen Mark steuerte die Spielbank-„Stiftung Wohnliche Stadt“ den Löwenanteil zu den Baukosten von acht Millionen Mark bei. Die Waldemar-Koch-Stiftung ist mit 1,2 Millionen Mark dabei. Die Nicolaus H. Schilling-Stiftung, Daimler Chrysler, der Museumsfreundeskreis und die Sparkasse bauen jeweils mit sechsstelligen Beträgen mit.

Museumschef Christiansen, der wie berichtet gerade SponsorInnen für die geplante Dependance im Speicher XI sucht, freut sich freilich über so viel Engagement. Seit der Auslagerung der Sammlungen 1939 sind die nicht gezeigten Bestände des Museums in unzulänglichen Räumen über die Stadt verteilt und werden dort mühsam vor dem Vergammeln gerettet. Nach 60 Jahren werden sie nun unmittelbar am Museum vereint. Hätte er auf eine öffentliche Finanzierung des seit Jahren diskutierten Projektes gewartet, hätte er die Verwirklichung wohl nicht mehr erlebt. Für Kultursenator Bernt Schulte (CDU) ist mit dem Neubau auch die Standortdiskussion über das Focke-Museum endgültig entschieden. Es hatte in den vergangenen Jahren wiederholt Vorschläge gegeben, das Museum in die Innenstadt zu verlegen.

Es ist also alles gut in Sachen Rohbau. Wie es um die Inneneinrichtung bestellt ist, wird sich nach Ende der Bauzeit auch der Öffentlichkeit zeigen. Noch ist das Focke-Museum nicht zu einer verlängerten Werbe-Abteilung geworden, sondern macht gute Museumsarbeit. Aber allen, die möglicherweise auch dort aus einer Public Private Partnership eine Private Public Pressureship machen wollen, sei gesagt: Diese unkommentierten, glitzernden Firmenpräsentationen im Museum mögen verwerflich sein oder auch nicht – sie sind (inzwischen) schlicht stinklangweilig. Christoph Köster

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen