Es bleibt schwammig

Fifa-Präsident Blatter und seine Verhandlungspartner von der EU freuen sich darüber, das Transfersystem endlich neu geregelt zu haben. Für durchaus wesentliche Details aber gilt das nicht

von FRANK KETTERER

Die Strapazen waren ihnen anzusehen. Und die Erleichterung gleich obendrein. Fünfeinhalb lange Stunden hatten die zwei Damen und drei Herren noch einmal getagt und verhandelt, dann traten sie, der Montagabend war schon alt geworden, sichtlich stolz und geradezu freudig erregt vor die versammelte Presse, um der Welt mitzuteilen, was sie gerade so Bahnbrechendes ausgehandelt hatten. „Ich bin glücklich, dass wir zu einem positiven Abschluss gekommen sind“, sagte also Sepp Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa und einer der Verhandlungspartner – und meinte damit die Neuregelung des Transfersystems im Fußball.

Über fünf Monate lang hatten sich EU, am Montagabend vertreten durch ihren Wettbewerbskommissar Mario Monti sowie den Kommissarinnen Anna Diamantopoulou (Soziales) und Viviane Reding (Sport), und verschiedene Vertreter von Fußballorganisationen, vornehmlich vom europäische Verband Uefa und der Fifa, mächtig gezofft, um neu zu regeln, wann, wie, warum und, vor allem, für wie viel Geld ein Profikicker seinen Arbeitgeber wechseln darf – oder eben auch nicht. Notwendig war das geworden, weil die EU-Kommission die Ansicht gewonnen hatte, dass das bis dato gültige Transfersystem europäisches Recht verletze und die Spieler benachteilige. Dafür war dieses zumindest schlicht gestrickt: Ein Verein muss eine Ablösesumme bezahlen, wenn er einen Spieler an sich binden möchte, der bei einem anderen Verein noch unter Vertrag steht. Ist der Vertrag hingegen abgelaufen, kann der Spieler kostenlos gehen.

So einfach funktioniert Fußball seit Montag freilich nicht mehr, was beispielsweise schon daran zu erkennen ist, dass die Ausbildungszeit eines Nachwuchskickers nun ganz genau festgeschrieben ist und exakt von dessen zwölften bis 23. Lebensjahr andauert. Das klingt zunächst einmal ziemlich beamtisch, ist aber im Kern von einem durchaus vernünftigen Hintergedanken beseelt. Wechselt der Jungkicker nämlich just in dieser Zeit erstmals zu einem Profiverein, muss dieser eine Trainings- und Ausbildungsentschädigung an all jene Klubs bezahlen, bei denen der Spieler zuvor den Umgang mit der Plastikkugel geübt hat. En detail bekannt, in welchem finanziellen Rahmen besagte Ausbildungsentschädigung ausfallen und wie sie sich berechnen soll, ist freilich noch nicht.

„Man muss abwarten, wie die Vorgaben von der Fifa umgesetzt werden“, mahnt denn auch Rudi Assauer vor dem Ausbruch in all zu große Euphorie. „Vieles ist noch schwammig und unklar formuliert“, findet der Manager von Bundesligist Schalke 04. Zudem willkürlich gewählt sieht er die Altersgrenze von 28 Jahren für die Dauer von geschützten Verträgen. Laut Neuregelung sind Spieler bis 28 Jahren, die einen längerfristigen Vertrag in der Tasche haben, drei Jahre geschützt, de facto also unkündbar, können in dieser Zeit aber auch ihrerseits nicht kündigen. Für Kicker, die die 28 bereits überschritten haben, gilt dies lediglich zwei Jahre. Wollen sie danach den Verein wechseln, so ist dies nur noch vor und für eine kurze Zeit während der Saison möglich – und natürlich nach wie vor gegen Ablöse.

Wie diese sich errechnen soll, steht ebenfalls noch nicht fest, zwischenzeitlich angedacht wurde, dass der neue Verein dem alten just jene Summe überweisen muss, die der Spieler dort bis zum eigentlichen Vertragsende noch verdient hätte. Stefan Effenberg beispielsweise würde, wollte er zwei Jahre vor Vertragsende gehen und bei einem Jahresgehalt von fünf Millionen, seinen neuen Klub schlappe zehn Millionen kosten, was bei der derzeitigen Praxis einem Handgeld gleichkäme. Das legt den Verdacht nahe, dass die Ablösemodalitäten doch noch anders geregelt werden – oder die Gehälter gerade für Spitzenspieler sprunghaft nach oben schnellen, um somit auch die Ablösesummen in die Höhe zu treiben.

Bei aller Freude, die Blatter und seine Verhandlungspartner am Montag an den Tag legten, Dinge wie diese ließen sie unerledigt. Den Fußball aber werden sie noch eine ganze Zeit beschäftigen.