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Grün ohne Ausweg

Wenig Politik, wenig Klischees, viel Selbstbewusstsein: Das „Elements – Irish Film Festival“ zeigt ganz unsentimentale Produktionen von der Insel

von ELISABETH WAGNER

Sie träumt davon, Männer mit einem Messer zu erstechen. Irgendwelche Männer auf der Straße. Vor sechs Jahren hat sie einen getötet, sagt sie. Jetzt sitzt Catherine im Zimmer einer Psychologin. Die Psychologin trägt eine goldene Uhr um ihr Handgelenk und ist sehr klug. Catherine erinnert sich langsam, das Bild öffnet sich wie ein Augenaufschlag. Alles grün.

Catherine ist wieder 14 und kommt aus der Schule in den Park. Sie wartet in der Sonne auf einer Bank. Aus dem Grün stürzt ein alter Mann auf sie zu. Er spannt die Lippen, schlürft den eigenen Speichel beim Anblick des Mädchens. Das ist sein Park, er, Adam, ist der Gärtner. Er schleicht ihr nach, überfällt sie mit Fragen nach Jungs und Träumen. Mittags fickt er sie gegen die Spüle seines Gärtnerhäuschens. Danach schließt sich das Bild. Catherine bleibt nur wenig Zeit. Adam lebt weiter und lässt sich von einem kleinen Mädchen die tauben Beine massieren.

1999 mit Handkamera gedreht, ist „Park“ von John Carney und Tom Hall ein Film über den Ekel und die Lähmungen, die er erzeugen kann. Eng und dunkel ziehen sich die Szenen zusammen. Catherine ist der Weg darin abgeschnitten. „Park“ ist zudem der erste digital aufgenommene Film in Irland, ein selbstbewusster Film, intensiv und auf schmalem Grad erzählt. Momentan wird er auf dem „Elements Irish – Film Festival“ in Berlin gezeigt. Der Film ist typisch für die Reihe, insofern er sich den Klischees über Irland verweigert. Nur die Farbe Grün spielt mit, aber selbst die ist vergiftet.

Als mythisches Land im Nebel, als Kampfplatz der Freiheit bleibt Irland auf dem Festival unsichtbar. Gering ist auch der Anteil der Straßenwirklichkeit, zu sehr hält die Arbeit am Genre die meisten der Filme beschäftigt. Die großen, politischen Konflikte fehlen weitgehend. Das Land ist so wichtig oder interessant, wie es die Filmemacher nehmen.

Dafür lässt sich in den animierten Kurzfilmen des Festivals die Tradition im Detail bemerken. Als Kreuzanhänger am Busen der dicken Tante in „Second Helpings“, wenn sie sich mit ihren Ratschlägen über die Nichte hermacht. Als tanzender und lautstark dichtender Gefangener in „An Evil Cradling“ oder im handgreiflichen Streit um Kleeblatt und Rose in „Gardens“. Knet- und Zeichenfiguren stolpern und prügeln die Themen irischer Geschichte ins Dekorative und Spielerische hinein.

„The Last September“ nimmt das Erzählen am leichtesten und schönsten. Das Spielfilmdebüt der englischen Theaterregisseurin Deborah Warner (an der Kamera: Slawomir Idziak, der auch Kieslowskis „Drei Farben“-Trilogie und „Gattaca“ fotografiert hat) macht Abschiedsvisite bei der anglo-irischen Oberschicht. Ein Landsitz im Süden Irlands in den 1920er-Jahren. Draußen kämpfen die Iren um Unabhängigkeit. Im Haus von Sir Richard und Lady Myra Naylor aber feiert die feine Gesellschaft ein letztes Mal ihre sanften Gewohnheiten. Partys, Teestunden, Tennismatches – die Liebe kommt jetzt ungelegen. Der Blick trifft das Gegenüber, oft nur durch das Fernglas. Im Vorbeigehen fällt er auf ein altes Porträt an der Wand. Sentimental ist das nicht, aber alle wissen, es ist vorbei.

„Elements – Irish Film Festival“ bis 14. März in den Kinos Eiszeit, Acud und Central Kino

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