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Gerangel um Kraft-Wärme-Kopplung

Kanzler entscheidet Streit zwischen Umwelt- und Wirtschaftsminister um klimafreundliche Kraftwerke mit Bonusregel

BERLIN taz ■ Seit Monaten rangeln Werner Müller (parteilos) und Jürgen Trittin (Grüne) um eine Frage: Wie soll die klimaschonende Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gefördert werden? Um im Konflikt mehr Druck erzeugen zu können, verzögerte Wirtschaftsminister Müller gar die Verabschiedungen zweier Umweltverordnungen.

Auf Druck des Kanzleramtes einigten sich Trittin und Müller nun darauf, eine Bonusregelung für die KWK auszuarbeiten. Demnach würden Betreiber von KWK-Stromanlagen pro erzeugter Kilowattstunde in Zukunft ein paar Pfennige als Bonus bekommen. Der Bonus würde finanziert aus einer Umlage der Kosten auf den allgemeinen Strompreis. Die Regelung würde dem bereits geltenden KWK-Vorschaltgesetz ähneln, das alte KWK-Anlagen vor allem in Stadtwerken vor dem Aus schützt, indem es ihnen einen Bonus von 2,5 Pfennig pro Kilowattstunde gewährt, ein Betrag, der allerdings jedes Jahr um 0,5 Pfennig sinkt. Anders als beim Vorschaltgesetz, das ja auf den Erhalt alter Anlagen zielt, würde die Bonusregelung vor allem Neubau und Modernisierung zum Ziel haben.

Damit ist die Idee der Grünen und die Lieblingslösung von Trittin vom Tisch, eine feste gesetzliche Quote von KWK an der Stromerzeugung festzuschreiben. Doch für Trittin ist das gewählte Instrument am Ende zweitrangig – Hauptsache, es werde die nötige Menge an Treibhausgasen eingespart.

Die Stromkonzerne sind gegen verbindliche Maßnahmen. Sie wollten mit einer wachsweichen Selbstverpflichtung, dem so genannten Aktionsprogramm Klimaschutz, davonkommen. Doch dies war selbst den Experten im Wirtschaftsministerium zu windig. Dabei ist auch Müller gegen eine Quote. Selbst von einer Bonusregelung hält er wenig – das Kanzleramt musste ihn als federführenden Minister extra anweisen, ein solches Gesetz zu entwerfen.

Weiterer Streit um die KWK-Förderung ist damit programmiert. Wie sie am Ende genau aussehen wird, bleibt eine offene Frage. In einem Punkt konnte sich Müller durchsetzen: Die Bonusregelung soll durch eine Selbstverpflichtung ergänzt werden. Das lässt den Stromkonzernen die Hoffnung, die Regulierung könnte schwächer ausfallen als befürchtet – und hilft ihnen, das Gesicht zu wahren.

Nach der Einigung konnte das Kabinett auch die blockierte Verordnung zu Biomasse und zu Energiestandards von Häusern verabschieden. Erstere gibt vor allem Bauern die Möglichkeit, sich Strom aus Altholz und Lebensmittelresten mit 17 bis 20 Pfennig pro Kilowattstunde vergüten zu lassen. Bei der Verwendung von belastetem Altholz müssen allerdings hohe Abgas-Grenzwerte eingehalten werden. Letztere schreibt strenge Werte für den Energieverbrauch von Neubauten vor. Auch hier hatte Müller interveniert. Doch seine Versuche, eine Privilegierung von stromfressenden Nachtspeicherheizungen durchzusetzen (taz vom 12. 10. 2000), scheiterten.

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