: Fünf-Jahres-Plan für Deutschlands Osten
Brandenburgs Arbeitsminister Alwin Ziel fordert ein „Infrastrukturprogramm“ für die neuen Länder, den Großteil soll der Bund finanzieren. Expertenstreit um arbeitsmarktpolitische Instrumente gegen die Arbeitslosigkeit
POTSDAM taz ■ Mit dem auf fünf Jahre angelegten „Infrastrukturprogramm Ost“ soll die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern bekämpft werden. Dies forderte gestern Brandenburgs Arbeitsminister Alwin Ziel (SPD) auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mit 2,5 Milliarden Mark pro Jahr, also insgesamt 12,5 Milliarden Mark, sollte die Infrastruktur, etwa Kitas, Schulen oder Straßen, verbessert werden. Ziel rechnete mit einem Anteil des Bundes von 80 Prozent, Länder und Kommunen müssten sich mit je 10 Prozent beteiligen.
Durch sein Programm, so Ziel, könne man „Arbeitsförderung mit Infrastrukturförderung verknüpfen“. Der Minister verspricht sich von dieser „Kraftanstrengung“ einen Rückgang der Arbeitslosigkeit „um mehr als zehn Prozent“, also 100.000 neue Arbeitsplätze im Osten.
Die althergebrachten Methoden der Arbeitsmarktpolitik will Ziel auch in Zukunft nicht missen: Die Strukturanpassungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (SAM/ABM) halte er „weiter für unverzichtbar“. Auch durch Arbeitszeitverkürzung und Umverteilung der Arbeit solle die Arbeitslosigkeit weiterhin bekämpft werden.
Dem widersprach Klaus Zimmermann, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen „gehen oft an realen Bedürfnissen vorbei“. Zwei Drittel aller ABM-Kräfte seien nach dem Auslaufen ihrer befristeten Stellen wieder arbeitslos. In den neuen Ländern hätten sich im Jahr 2000, so Zimmermann, 221.000 Menschen in solchen AB-Maßnahmen befunden. Im Westen hingegen seien es nur 66.000 gewesen. Zimmermann kritisierte auch die fehlende wissenschaftliche Auswertung der Arbeitsmarktpolitik. Deutschland setze im internationalen Vergleich die höchsten Beträge ein, „die Ergebnisse aber werden nicht evaluiert“. An Stelle der bisherigen Maßnahmen setzt der DIW-Chef auf Lohnsubventionen. Um sie zu finanzieren, sollten AB-Maßnahmen abgebaut werden. Hinzukommen müsse die Förderung der Aus- und Weiterbildung.
DGB-Landesbezirkschef Dieter Scholz unterstützte einen Großteil der Forderungen Zimmermanns. Dieser habe deutlich gemacht, dass „der Dreh- und Angelpunkt bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit das Wirtschaftswachstum sei“. Damit kritisierte Scholz Minister Alwin Ziel, der dem Wachstum der Wirtschaft keinen hohen Stellenwert beimisst: „Alwin, das lass ich dir nicht durchgehen.“ Ohne volkswirtschaftliche Impulse, so Scholz, könne man lange über Einzelmaßnahmen reden, „das bringt aber nichts“. Das von Ziel vorgeschlagene kommunale Infrastrukturprogramm unterstütze er allerdings, sagte Scholz, der sich auch für öffentliche Beschäftigungsprogramme stark machte: In den neuen Ländern „brauchen wir einen zweiten Arbeitsmarkt“.
SEBASTIAN FISCHER
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