piwik no script img

Industrie bezahlt

Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern: Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft sagt Zahlung der noch ausstehenden 1,4 Milliarden Mark zu. Gründungsunternehmen bürgen

BERLIN taz ■ Einen Tag vor dem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft endlich den lange vereinbarten Beitrag zur Entschädigung früherer NS-Zwangsarbeiter zusammengekratzt.

In einer Presseerklärung teilte die Stiftungsinitiative gestern Abend mit, sie werde die noch ausstehenden 1,4 Milliarden Mark bezahlen und damit den zugesagten Betrag von 5 Milliarden Mark voll aufbringen. Wie es hieß, wollten einige Firmen ihren Betrag noch einmal aufstocken. Für den Restbetrag wollten die Gründungsunternehmen eine Ausfallgarantie übernehmen, falls noch eine Lücke bestehen sollte.

Bund und Wirtschaft hatten seit langem vereinbart, die Stiftung mit je 5 Milliarden Mark auszustatten. Der Bund hat seinen Anteil bereits eingezahlt. Die Wirtschaft hatte bisher erst 3,6 der zugesagten 5 Milliarden Mark gesammelt. Das Defizit im Beitrag der Unternehmen spielte letzte Woche eine wichtige Rolle bei der Entscheidung einer New Yorker Richterin, eine Klage von Zwangsarbeitern gegen deutsche Firmen nicht abzuweisen. Erst nach der Abweisung solcher Klagen besteht die von den Firmen geforderte Rechtssicherheit, die Voraussetzung für Zahlungen an die Opfer ist. Die Richterin hatte ihrerseits gefordert, zuerst müssten die Firmen zahlen.

Die Wirtschaft war daher von Politikern aller Parteien aufgefordert worden, das Defizit schnell auszugleichen. Kanzler Schröder zeigte sich gestern bereits vor der abendlichen Erklärung der Initiative zuversichtlich, dass die Wirtschaft „aus eigener Kraft und aus eigener moralischer Verantwortung“ einen Weg finden werde. Dafür brauche es kein Machtwort. Schröder hat für heute Abend die Chefs der 17 Gründungsunternehmen der Stiftungsinitiative ins Kanzleramt eingeladen.

Offenbar wollten die Topmanager nicht mit leeren Händen zum Kanzler kommen. Wie aus Unternehmerkreisen verlautete, bemühten sich die Vorstandschefs mehrerer Konzerne in den vergangenen Tagen in Telefonaten und Briefwechseln mit den Chefs anderer Mitgliedsfirmen der Initiative um Zustimmung zu der verbindlichen Zusage, die dann gestern Abend offiziell verkündet werden konnte. LKW

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen