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Sicher wie die Teufel im Feuer

■ Beim achten Bremer Schulrockfestival sah die Kesselhalle des Schlachthofs wie bei einem Auftritt bekannter Stars aus. Doch zu sehen war der junge Pop-Nachwuchs der Region. Von einigen wird man ganz bestimmt noch hören

Der Saal ist voll, die Luft verraucht, die Journalisten kampfbereit, die Videoleinwand für die Live-Übertragung gespannt. Und dann kommen sie auf die Bühne: schmalschultrige Gitarristen, dünne SängerInnen und milchgesichtige Schlagzeuger. Nein, die hat man noch nicht gesehen, die kennt man nicht. Merkwürdig. Profitechnik, große Bühne, Videomitschnitte – es fehlte eigentlich nichts zu einem echten Stargig. Nur das Alter der Bands passte gestern nicht recht ins Bild: Die MusikerInnen drücken alle noch die Schulbank.

Für das achte Bremer Schulrockfestival im Schlachthof hatte die Jury diesmal sieben, statt der üblichen sechs, Bands rausgesucht und den Gewinnern in der Kesselhalle eine große Öffentlichkeit ermöglicht. Im Auswahlverfahren erfüllte eben eine Band mehr die nötigen Auflagen wie regelmäßiges Proben, Sicherheit an den Instrumenten oder besonders witzige Einfälle. „Aber“, räumt Veranstalter Wolfgang Strothoff ein, „auch einige von den anderen der über dreißig Bewerbungen aus Bremen, Bremerhaven und dem Bremer Umland kamen unseren Vorstellungen schon sehr nahe. Man hört genau heraus, ob dreimal geprobt wurde oder ob die richtig arbeiten. Noch mehr Auftritte würden aber den zeitlichen Rahmen sprengen.“

Den Anfang machte die neunköpfige Band „For You“, die wegen ihrer Alterseinstufung in die Sekundarstufe I Songs covern durfte. Musikalisch schon ganz ordentlich sollten die Delmenhorster ihre gesanglichen Arrangements vielleicht noch einmal überarbeiten. Schade, dass sie die einzige Band blieben, in der auch Mädchen mitmischten.

Die Entdeckung des Abends sind sicherlich die „Posers“ aus Bremen, die ebenfalls in der Gruppe Sek I nur eigene Sachen spielen. Komponiert hat sie alle der Bandleader und Gitarrist Valentin Werner. Mit großem Engagement, fern jeder süßlichen Teeniemucke, eröffnen sie mit „Devil is nothing against us“ und werden sofort ernst genommen. Beachtlich, wie sicher und kräftig sich der Sänger Jonas Albrecht stimmlich gegen die harten bis grungigen, aber auf jeden Fall lauten Bässe von Max Maurer, und Schläge von Toni Franke scheinbar mühelos behaupten kann. Auch die zweite Gitarre, Christian Westendorf, lässt sich hören. Nirvana wären stolz auf sie. In knallroten Arbeitsanzügen mit „Posers“- Aufschrift springen sie auf der Bühne herum und bewegen sich dort so überzeugend wie die Teufel im Feuer.

Insgesamt war das Festival ein voller Erfolg. Alle Bands wurden vom Publikum gefeiert, boten sie doch stilistisch ein breites Spektrum. „Everlaunch“ aus Rotenburg spielten BritPop Rhythmen, das Quartett „Confusion“ aus Wiefelstede bei Oldenburg krachige Metalsounds und das Oldenburger Trio „Puls“ präsentierte düsteren Gitarrenrock. Mit haarlosem freiem Oberkörper begleitete sich Simon Bahlmann auf der Gitarre zu traurig-verbitterten Texten, die mit Titeln wie: „Vorbei“, „Sie ist weggeflogen“ und „Hast Du nicht gesagt, es wird alles gut“ auf schlechte Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht schließen lassen.

Der absolute Publikumsrenner jedoch waren „Sixten Trash und Skøevolution“ aus Bremen. Schon im letzten Jahr räumte das Duo „Skøe“ ab, aber aufgrund der großen Weiterentwicklung der Band durften sie wieder auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Allerdings änderte Sixten seine Besetzung: Bassi Affenarsch war nicht dabei, dafür spektakelten „5 weitere Chaoten“ mit ihm auf der Bühne. Auf Barhockern, mit Sonnenbrillen und hellen Anzügen, mit Henkermaske der Schlagzeugerchaot reaktivierten sie einen rebellischen Stil der 70er Jahre. „Fuckarien“ aus dem Publikum und steifgewordene Mittelfinger gaben den Affen Zucker. Sie lieferten eine aggressiv-blödelige Es-ist-alles-erlaubt-Show ab.

Ursprünglich sollte da ein professioneller Feuerschlucker auftreten, doch das passte genausowenig ins Konzept der Veranstalter wie eine Zugabeerlaubnis. Die Fangemeinde von „Skøevolution“ wuchs nämlich während des Gigs beständig an und schrie am Ende erfolglos nach mehr. Berechtigterweise, denn die Chaoten verstanden es wie keine andere Band mit ihrem Publikum zu kommunizieren.

Wie ganz alte Hasen im Showbiz. Sie werfen Glitzer oder 6.000 Dollar aus einem silbernen Koffer zwischen die Leute, sie zerschlagen eine lächelnde Schaufensterpuppe mit einem elastischen Gummiphallus und gehen am Bühnenrand auf Tuchfühlung. Ab und zu werden sie auch politisch und lassen ein bisschen Anarcho und eine kritische Haltung zur deutschen Demokratie durchblicken. Von ihnen wird man sicher noch hören.

Ebenfalls einer größeren, teilweise wild pogenden, Anhängerschaft konnten sich die Bremer „Pill naked“ erfreuen. Wurden sie doch wie „Skøevolution“ ein zweites Mal von der Jury auserwählt. Auch hier stellte man eine Weiterentwicklung fest, außerdem rutschte die Band jetzt in die Kategorie Sekundarstufe II. Das Quartett heizte den Leuten mit rockigen Cross-over-Sounds ein und verausgabte sich körperlich total. Sicherheit in den Parts und das Selbstbewusstsein der jungen Musiker kamen beim Publikum in der Kesselhalle gut an.

Da störten auch die gelegentlich schlichten Texte nicht weiter. „Sieh, wie Zeit verrinnt, wie unser Schicksal jetzt beginnt.“ Möglicherweise. Maria Hufenreuter

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