: Viele Millionen liegen brach
EU-Mittel für staatenübergreifende Projekte werden in der Hauptstadt nicht abgerufen, weil die Zwischenfinanzierung nicht gesichert ist. Grüne fordern Überbrückungsfonds und Beratung
von JULIA NAUMANN
Berlin lässt sich jährlich mehrere Dutzend Millionen Mark durch die Lappen gehen. Der Grund: Gelder der Europäischen Union (EU) für transnationale Projekte werden nicht abgerufen, weil die Zwischenfinanzierung nicht gesichert ist.
Es handelt sich dabei um so genannte Nichtstrukturfondsmittel, die jährlich von der EU für alle Mitgliedstaaten in Höhe von insgesamt 80 Milliarden Mark zur Verfügung stehen. Die Gelder werden nicht nach festen Quoten vergeben. Das bedeutet, dass Institutionen, Organisationen, aber auch Kommunen beliebig viele Mittel beantragen können. Sie müssen aber, wie bei EU-Mitteln üblich, in der Regel die Hälfte des Etats dazuschießen.
Die Fördergelder sind für fast alle staatenübergreifenden Bereiche zugänglich: So können Jugendbegegnungen, Umweltschutz- und Gesundheitsprojekte finanziert werden, aber auch die Förderung des kulturellen Austauschs ist möglich. Die Bildungsprogramme Socrates und Leonardo da Vinci werden über diesen Fonds finanziert.
Doch trotz der Möglichkeiten: In Berlin werden jährlich nur zwischen 50 und 80 Millionen Mark abgerufen. Davon geht ein Großteil an Hochschulen. Kleinere Projekte und Organisationen sind sehr zögerlich. Das liegt daran, dass die EU bewilligte Mittel in drei Raten auszahlt. „Ein großes Problem“, so der bündnisgrüne Haushaltsexperte Oliver Schruoffenegger: Die dritte Rate werde oft erst ein bis zwei Jahre nach Projektende ausgezahlt. Die Vorfinanzierung sei für viele Institutionen nicht leistbar, so dass sie erst gar kein Geld beantragen.
Die Grünen im Abgeordnetenhaus fordern deshalb, dass das Land Berlin einen Überbrückungsfonds mit mindestens 10 Millionen Mark einrichtet, der die Gelder vorschießt. Dies wurde von der Großen Koalition bisher mit der Begründung verweigert, dass das Risiko zu hoch sei. „Das ist eine falsche Einschätzung“, sagt Schruoffenegger. Die Antragsteller würden bei der EU sehr genau geprüft. Außerdem handele es sich in der Regel um kleinere Summen. Die Fördersummen liegen zwischen 1.000 und einer Million Mark.
Die Grünen fordern zudem eine bessere Beratungsstruktur. „Viele Organisationen kennen diesen Fonds gar nicht oder wissen nicht, wie das Geld beantragt wird.“ Wie es besser ginge, zeigt die Stadt Köln. Dort gebe es ein von der Stadt eingerichtetes Büro. „Der Einsatz der Mitarbeiter rechnet sich.“ Schruoffenegger schätzt, dass bei besseren Bedingungen in der Hauptstadt jährlich rund 150 Millionen Mark abgerufen werden könnten.
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