: Die Dienstleister-Einheitsfront
Die morgige Gründung von ver.di ist auch dem frühen Engagement Hamburger Gewerkschafter zu verdanken ■ Von Kai von Appen
Eine neue gewerkschaftliche Epoche beginnt: Nach über 50 Jahren getrennten Agierens haben die Gewerkschaften ÖTV, HBV, DPG und IG Medien sowie die DAG auf seperaten Bundeskongressen am Wochenende durch ihre Auflösung den Weg für die morgige Verschmelzung zur Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft „ver.di“ freigemacht. Dass es noch zu dieser Fusion kommt, geht nicht zuletzt auf das Engagement der Hamburger ÖTV- und DAG-Chefs Wolfgang Rose und Uwe Grund sowie des HBV-Geschäftsführers Ulrich Meinecke zurück. Sie haben es nach der ver.di-Abfuhr auf dem ÖTV-Kongress im Herbst geschafft, mit dem Hamburger Appell doch noch die Weichen zu stellen.
Durch die Fusion gründet sich die größte Einzelgewerkschaft der Welt. Allein im Bezirk Hamburg zählt ver.di über 137.000 Mitglieder. Alte Rivalitäten zwischen den vier DGB-Gewerkschaften und der DAG sollen damit der Geschichte angehören, wie die Szenen, in denen mit Gerangel und Transparenten vor Kameras versucht wurde, sich vor dem Konkurrenten besser ins Bild zu setzen.
Schon frühzeitig ging die Hamburger DAG im vergangenen Jahrzehnt dazu über, diese Animositäten aufzugeben – obwohl die DAG-Bundeszentrale ebenfalls ihren Sitz in der Hansestadt hat. So kam es in den arbeitskampf-unerfahrenen Branchen Kaufhäuser, Versicherungen und Banken aufgrund der engen Kooperation zwischen der HBV und DAG zu großen Streiks – aber auch im ÖTV-dominierten Öffentlichen Dienst erkannte man die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit.
Hamburg war zudem die erste Region, in der die fünf ver.di Aspiranten bereits im Januar vorigen Jahres ihre gemeinsame Arbeit durch konkrete Planungen, Kooperation und praktische Projekte mit Leben erfüllten (taz berichtete). Dennoch: Trotz der Einsicht und Notwendigkeit zur Zusammenarbeit im Zeitalter der Dienstleis-tungs- und Kommunikationsgesellschaft ist einigen Verbänden mit langer Tradition die Auflösung nicht leicht gefallen. So stellt die IG Medien – ehemals IG Druck und Papier – mit ihren knapp 9000 Mitgliedern in einem der künftig 13 Fachbereiche im Norden nur einen Bruchteil der Mitgliedschaft. Die Druckindustrie war eine der ersten Branchen, die in den Siebzigern wegen neuer Computertechnologien von einer Rationalisierungswelle erfasst wurde und die damalige IG Druck und Papier die erste Gewerkschaft, die erkannte, dass den Auswüchsen moderner Techniken mit Streiks und Tarifverträgen zu begegnen ist (siehe Foto). Dass ver.di Ähnliches gelingt, ist die Herausforderung.
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