piwik no script img

Linke greifen Rechte an

70 Festnahmen nach Schlägerei zwischen Rechten und Linken in Alt-Friedrichsfelde. Zuvor hatten rund 350 Menschen auf Kundgebungen von PDS und Antifa in Schöneweide friedlich demonstriert

von CHRISTOPH RASCH

Die Kundgebung selbst endete noch friedlich. Um kurz nach 17 Uhr am Samstagnachmittag wurde die von PDS und Antifa veranstaltete Demonstration am S-Bahnhof Schöneweide von den Veranstaltern aufgelöst und die Teilnehmer von der Polizei zur S-Bahn geschleust. Die „Jungen Nationaldemokraten“, die Jugendorganisation der NPD, wollten den Bahnhof als Treffpunkt zum Gedenken an den SS-Mann Kurt Eggers nutzen, hatten die Veranstaltung jedochs am Donnerstag wieder abgesagt. „Knallen“ sollte es erst, als sich 40 bis 50 der linken Demonstranten nach Lichtenberg bewegten, zum vermeintlichen Ausweichtreffpunkt der Rechten.

Gegen 17.45 Uhr waren die Demonstranten aus Schöneweide zur Kneipe „Prozenthaus“, einem polizeibekannten Treffpunkt der Rechten in Alt-Friedrichsfelde, gezogen und hatten das Gebäude sowie davor parkende Autos mit Steinen beworfen. Die rund 50 Besucher des Lokals griffen daraufhin, bewaffnet mit Schlagwerkzeugen, die Linken an. Erst drei Stunden später hatte die Polizei die Situation unter Kontrolle. Sie nahm 38 Leute aus dem linken Spektrum zwischen 16 und 50 Jahren sowie 35 Gäste des Lokals fest.

Noch in der Nacht sei es zu Gegenüberstellungen gekommen, heißt es aus dem Ermittlungsausschuss (EA). Nach dessen Informationen saßen gestern noch 15 Personen in Untersuchungshaft. Ihnen werde Landfriedensbruch und gemeinschaftliche Körperverletzung vorgeworfen. „Nach der Anzeige eines Rechtsanwalts aus der rechten Szene hatten noch in der Nacht zu Sonntag Gegenüberstellungen stattgefunden. Bei zwei Personen gab es zudem Hausdurchsuchungen“, sagte eine EA-Mitarbeiterin. Ein Polizeisprecher wollte diese Angaben gestern nicht bestätigen.

Vor der Eskalation hatten trotz Kälte rund 350 Menschen auf zwei Kundgebungen der PDS und der Antifa in Schöneweide weitgehend friedlich gegen rechts demonstriert. Von der PDS und DKP über die „Gewerkschafter gegen Rassismus“ bis zu kirchlichen Friedenskreisen reichte das Spektrum. Unter den Demonstranten war auch der PDS-Abgeordnete Uwe Doering. „Dass die Rechten sich woanders treffen, können wir nicht verhindern“, sagt er, „aber dass wir ihnen hier die Straße nicht überlassen haben, ist ein Erfolg.“ Der Kundgebung begegnete die Polizei mit einem Großaufgebot, das den Busbahnhof komplett abriegelte. „Auf die Absage der Gedenkveranstaltung verlasse ich mich nicht“, sagte der Einsatzleiter. Und tatsächlich konnten sich in Schöneweide rund 20 Rechte im Biergarten am Busbahnhof von den Demonstranten unbehelligt treffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen