piwik no script img

Wink mit dem Wahlzettel

Spendenaffäre: Die SPD droht mit Neuwahlen, um den umstrittenen CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky zum Rücktritt zu zwingen. Die Christdemokraten stürzen in der Wählergunst weiter ab

von RICHARD ROTHER

Die SPD droht der CDU wegen der Spendenaffäre erstmals mit Neuwahlen. Sollte der Senat wegen des Beharrungsvermögens von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky handlungsunfähig werden, „wären Neuwahlen der richtige Weg“, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit gestern der taz (siehe unten). Sollte sich die CDU Neuwahlen verweigern, gäbe es die Möglichkeit eines Misstrauensvotums gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Dieses wäre mit rot-rot-grüner Mehrheit durchsetzbar. Ein CDU-Sprecher wies die Drohungen als „verantwortungslose Spielerei“ zurück. Die nächsten regulären Wahlen zum Abgeordnetenhaus finden 2004 statt.

Die CDU ist wegen der Spendenaffäre in der Wählergunst abgestürzt. Hätten nach Umfragen im Februar noch 41 Prozent der BerlinerInnen den Christdemokraten ihre Stimme gegeben, so sind es jetzt nur noch 34 Prozent. Mehr als zwei Drittel der BerlinerInnen fordern den Rücktritt Landowskys; nicht einmal jeder zweite CDU-Anhänger wünscht sein Verbleiben.

Neben Wowereit forderten am Wochenende auch SPD-Chef Peter Strieder und Schulsenator Klaus Böger (SPD) Landowsky erneut zum Rücktritt auf. Niemand solle die Entschlossenheit der SPD unterschätzen, hieß es. Landowsky hatte 1995 von der Immobilienfirma Aubis eine Barspende von 40.000-Mark erhalten, die nicht ordnungsgemäß verbucht wurde. Zeitnah hatte Aubis die Zusage für einen 600-Millionen-Mark-Kredit von der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp erhalten, deren Chef Landowsky damals war. Die Krise der Bankgesellschaft, deren Mehrheitseigentümer das Land Berlin ist, belastet den Landeshaushalt. In diesem Jahr werden Einnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe erwartet.

Von seinem Bankposten ist Landowsky Anfang März zurückgetreten. Fraktionschef will er bis 2002 bleiben. Der CDU-Ehrenrat hat dem Landesvorstand empfohlen, einen „scharfen Verweis“ auszusprechen. Von Landowsky werde erwartet, „dass er die Bedeutung dieser Ordnungsmaßnahme in ihrer Wirkung auf die Öffentlichkeit verantwortungsvoll bedenkt“. Die Parteispitze will am 9. April darüber beraten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen