piwik no script img

Bürgermut und Polizeiversagen

Neonazis: In Wuppertal mischten sich Bürger ein. In München reagierte die Polizei zu langsam nach einem Überfall

BERLIN dpa/taz ■ Wuppertal zeigt, wie man Neonazis beikommen kann: Die Zivilcourage eines Ehepaares hat am Freitagabend einen 19-jährigen Mann aus Sierra Leone vor ernsthaften Verletzungen bewahrt. Acht Jugendliche, darunter zwei Skinheads, bedrängten und beleidigten ihn, nachdem er die 15-jährige Freundin eines der Jugendlichen angesprochen hatte. Als der Afrikaner die Flucht ergriff, rannten die Jugendlichen ihm nach. Zeugen hörten, dass sie dabei „Heil Hitler“ riefen.

Das Ehepaar reagierte unmissverständlich. Mit den Worten „Haut endlich ab“ ging der 50-jährige Mann auf die Jugendlichen zu, als sie ihr Opfer umzingelten und handgreiflich wurden. Der Mann zog den Afrikaner aus der Gruppe heraus, die Rechtsradikalen ergriffen die Flucht. Unterdessen brachte seine Ehefrau den Afrikaner in Sicherheit.

Vier der Jugendlichen konnten sofort gestellt werden, die anderen sind mittlerweile namentlich bekannt. Die schnelle Festnahme war Verdienst einiger Autofahrer, die den Vorgang beobachteten. Sie verständigten die Polizei. „Alle haben optimal reagiert“, sagte Jürgen Brenne von der Wuppertaler Polizei.

Von so viel Glück können seine Kollegen in München nicht reden. Nach dem Skinhead-Überfall im Januar, bei dem ein Grieche bewusstlos geschlagen worden war, ist der dortigen Polizei offensichtlich ein grober Fehler unterlaufen. Die Beamten hatten den Hauptverdächtigen des Überfalls, Christoph S., nicht erkannt, als er nach der Tat seine Freundin im Polizeipräsidium besuchte. Die Freundin war im Zusammenhang mit der Tat vorläufig festgenommen worden.

Obwohl S. bei seinem Besuch im Polizeipräsidium seine Personalien angeben musste, erkannten ihn die Polizisten nicht und ließen ihn unbehelligt wieder gehen. „Sie waren über die Fahndung nach S. noch nicht informiert worden“, sagte Kriminaldirektor Bernd Kohl dem Nachrichtenmagazin Focus. S. wurde nach dreiwöchiger Fahndung in der Nähe von Rotterdam gestellt. AHO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen