: Jacobs-Kaffee jetzt auch schadstoffarm
■ Die Bremer Rösterei hat den peruanischen Kaffee auf den Weltmarkt zurückgebracht. Jetzt soll dem Verbraucher Bio-Kaffee aus dem Hochland schmackhaft gemacht werden
Draußen fegt der aufkommende Orkan dicke Schneeflocken über den riesigen Dodenhof-Parkplatz. Drinnen berichtet Rolf Sauerbier, Sprecher von Kraft Foods, aus wärmeren Gefilden: „1991 kauften wir nicht eine Kaffeebohne aus Peru.“ Die Kaffeewirtschaft des von Terrorismus und Korruption gezeichneten Landes lag am Boden. Dennoch sah der Bremer Röster Jacobs Entwicklungschancen. Mit dem Kooperativenverband „Cocla“ in der nördlichen Region um die alte Inka-Hauptstadt Cuzco schloss die Kraft-Tochter 1994 einen Direktabnahme-Vertrag. Indem die Zwischenhändler umgangen wurden, verdoppelten sich die Erlöse der Kaffeeproduzenten, in der Regel Kleinbauern.
Im nächsten Schritt wurde das Qualitäts-Management verbessert: Jacobs baute ein Labor und schulte Kontrolleure. „Schon nach wenigen Monaten hatte sich der Qualitätsstandard merklich verbessert“, erinnert sich Sauerbier. Sehr zur Freude der peruanischen Regierung: Die nahm die Kooperation zum Vorbild für ein nationales Kaffeeprogramm. Sauerbier, der das Projekt selbst angeschoben hat, hat für das autokratische Regime des Ex-Präsidenten Alberto Fujimori denn auch lobende Worte: „El Chino“, der sich nach einem Korruptionsskandal inzwischen nach Japan abgesetzt hat, habe „das Land wirtschaftlich nach vorn gebracht und den Terrorismus erfolgreich bekämpft“. Und das sei auch der Kaffeeproduktion zu Gute gekommen: Während der bewaffneten Konflikte hätten die Bauern häufig lieber das schnell wachsende Coca angebaut und den Kaffee vernachlässigt.
Heute bauen die Bauern der Cocla-Kooperative zum Teil sogar ökologischen Kaffee an – ohne Pes-tizide oder künstlichen Dünger. Jacobs hatte das Marktpotenzial von schadstofffreiem Kaffee entdeckt und die Umstellung gefördert. Das beschert den Bauern noch einmal höhere Erlöse und eine bessere Gesundheit dazu. Jacobs vermarktet den Öko-Kaffee unter dem Namen „El Condor orgánico“ – ursprünglich die Idee eines Bremer Peruaners, der den Namen an den Konzern verkaufte. Dass er damit dem TransFair-Kaffee Konkurrenz macht, der die Produzenten mit Garantiepreisen über dem Weltmarkt-Niveau unterstützt, räumt Sauerbier ein: „Die Zielgruppe ist die gleiche“, sagt er, „aber wir glauben, dass Subventionen nicht der richtige Weg sind.“ Die Lebensverhältnisse der Bauern müssten sich über Qualitätssteigerungen verbessern.
Bisher beliefert Jacobs nur Kunden aus der Gastronomie. Die Res-taurants der Dodenhof-Einkaufsstadt etwa schenken nur noch die neue Öko-Marke aus – mit einem Konsum von elf Tonnen im Jahr ein gewichtiger Kunde. Im Laden ist die Öko-Marke noch nicht zu finden. Dabei würde Sauerbier „in Zeiten der Lebensmittel-Krise“ nur zu gern auf den fahrenden Zug in Richtung gesündere Ernährung aufspringen. Aber dazu gibt es zurzeit nicht genug Öko-Kaffee. Und die Umstellung der Anbauflächen dauert Jahre, denn das Öko-Zertifikat gibt es erst, wenn der ganze Kunstdünger aus dem Boden heraus ist. Jacobs hofft, zum Jahresende genügend Öko-Produzenten unter Vertrag zu haben, dass auch der Privatkunde beliefert werden kann.
Mittelfristig haben die Bremer Röster schon ein weiteres Herkunftsland im Auge: Erste Gespräche laufen in Vietnam, das sich in den vergangenen Jahren zum drittgrößten Kaffeeproduzenten der Welt gemausert hat. Aber laut Sauerbier sind die Qualitätsschwankungen dort noch groß. Ebenso wie in Kolumbien, das lange Synonym für Spitzenqualität aus Lateinamerika stand: Eine Melange aus Guerrillas, Militärs und Mafia macht Sauerbier für den Niedergang verantwortlich – sozusagen die Kehrseite des Lehrstücks „Guter Kaffee braucht Stabilität“. Die Kolumbianer sind auch die Verlierer der peruanischen Erfolgsstory: Die 15.000 Tonnen Rohkaffee, die Jacobs in Peru aufkauft, bleiben in Kolumbien stehen. Jan Kahlcke
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