: Die Seuche kommt näher
In Holland wurden die ersten Fälle von Maul- und Klauenseuche bestätigt – 50 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. 18.000 Tiere hat man bereits getötet
OENE taz ■ Samstag war Schlachttag in Oene, einem kleinen Dorf in Westholland. Nach den ersten Bläschen am Mund fackelten die Behörden nicht lange: Alle 530 Ziegen und 74 Kälber wurden sicherheitshalber getötet, der Hof abgeriegelt. Zwar war der erste Test am Wochenende noch negativ. Nach dem zweiten Test am Dienstag sollen jetzt aber doch vier Tiere an Maul- und Klauenseuche erkrankt gewesen sein. Keine 24 Stunden später wurde der nächste Fall bestätigt: in Olst, keine 30 Minuten von Oene entfernt. Hier ist man sich definitiv sicher: der erste Fall von Maul- und Klauenseuche in den Niederlanden seit 1984.
Für Holland ist die Seuche ein schwerer Schlag: Die Landwirtschaft ist der größte Exportmarkt des Landes, 60 Prozent des Vieh- und Fleischbestandes zum Beispiel wird in die EU-Länder geliefert. Außerdem stehen die Bauernhöfe hier dicht beieinander, die Viren können sich rasend schnell ausbreiten. Die Bauern in Oene haben darum schon seit dem Wochendende vorsichtshalber Absperrbänder um ihre Einfahrten gezogen. Kein Zugang mehr. Die Angst ist groß, dass jeder Besucher unter seinen Schuhsohlen die Viren mit einschleppt. Jemand von der Gemeinde macht die Runde über die Höfe. Fragt nach, ob es überall genügend Absperrband gibt, und verspricht den Bauern, reflektierende Materialien zu besorgen, damit die Einfahrten auch nachts sichtbar abgesperrt sind. „Von solchen Katastrophen haben wir mehr als genug“, schimpft der Beamte: „Vor Monaten hatten wir hier in der Gegend schon den ersten BSE-Fall.“
„Morgens steht man auf und hat den Stall noch voll, dabei können die Tiere abends schon tot sein“, erklärt Annie van Niersen über das Absperrband hinweg. Ihr Bauernhof liegt keine 600 Meter weit weg vom Hof Van de Weert mit den ersten vier Verdachtsfällen. Die Niersens gehen nicht mehr am Nachbarhof vorbei. Hinten im Stall wurde gerade ein Kalb geboren. Per Kaiserschnitt hat von Niersens Tierarzt „neues Leben zur Welt gebracht – und das ausgerechnet hier“. Jetzt streift der Arzt seine Gummistiefel in einem Eimer ab und blinkt skeptisch zum Hof schräg gegenüber: „Ich versuche hier ein Kalb zu retten, das nächste Woche vielleicht schon seinen letzten Tag hat.“
Die Regierung in Den Haag hat bereits ein Krisenzentrum eingerichtet. Landwirtschaftsminister Laurens-Jan Brinkhorst von den Sozialliberalen muss sich im Parlament dafür verantworten, warum er noch am Sonntag das Transportverbot wieder gelockert hatte. Seit gestern, 11 Uhr vormittags, gilt inzwischen wieder ein landesweites Transportverbot. Erst mal 72 Stunden lang. Viehhöfe im ganzen Land dürfen nicht mehr betreten werden. Und die Tiere um Oene und Olst herum müssen geimpft werden. Auch auf deutscher Seite werden die Grenzen verschärft kontrolliert. Schließlich sind es von da keine 50 Kilometer bis Olst.
Die Bilanz seit Samstag in Holland: 49 geräumte Höfe, 18.000 tote Tiere. DOROTHEE KRUMPIEPE
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