: Ruhe vor dem Sturm
Albanische Kämpfer lehnen Ultimatum der makedonischen Regierung ab. Makedonischer Soldat in Skopje getötet. Nato will Truppen aufstocken
TETOVO dpa/afp/epd ■ In Makedonien droht nach einer Feuerpause eine Explosion der Gewalt, nachdem die albanische Rebellengruppe „Nationale Befreiungsarmee“ ein Ultimatum der Regierung abgelehnt hat. „Wir werden unsere Positionen nicht verlassen, bevor unsere Forderungen erfüllt werden“, sagte der Rebellensprecher Kommandeur „Sokoli“ gestern telefonisch in Tetovo. Die Rebellen hatten bis Mitternacht Zeit, ihre Waffen abzugeben oder Makedonien zu verlassen.
Gestern schwiegen rund um Tetovo, wie angekündigt, zunächst noch die Waffen. Ein makedonischer Polizist wurde jedoch in Skopje durch Schüsse getötet, ein weiterer verletzt. Die beiden hätten patrouilliert, als sie auf einem Marktplatz in einem Viertel mit überwiegend albanischstämmiger Bevölkerung beschossen worden seien, teilte ein Sprecher des makedonischen Innenministeriums mit.
Der makedonische Albanerführer Arben Xhaferi rief unterdessen zu schnellen Verhandlungen auf, um Gewalt zu verhindern. „Es ist besser, zehn Jahre zu sprechen, als eine Woche zu kämpfen“, sagte der Chef der mitregierenden Demokratischen Albaner-Partei (DPA). Bei einer Offensive bleibe der DPA kaum eine andere Wahl, als aus der Regierung auszuscheiden. Xhaferi forderte, den Weg schrittweiser Verbesserungen für die albanische Bevölkerung fortzusetzen.
Die Nato will ihre KFOR-Truppen vor Ort verstärken. Der Nato-Rat forderte gestern in Brüssel offiziell mehr Soldaten an, wie Generalsekretär George Robertson mitteilte. Das Gremium der Botschafter aus den 19 Mitgliedsstaaten unterstützte damit die Forderung Robertsons. Eine Zahl wurde nicht mitgeteilt. Die Nato-Staaten müssen nun entscheiden, wie viele Soldaten sie jeweils zur Verfügung stellen. Zur Begründung für die Verstärkung führte Robertson an, die Soldaten vor Ort müssten „wachsende Arbeit“ bewältigen und seien „überbeansprucht“. Er wies darauf hin, dass die KFOR-Truppen an der Grenze zwischen dem Kosovo und Makedonien bereits verstärkt worden seien.
Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Ordschonikidse warf unter Verweis auf die Krise in Makedonien der Nato vor, mit der Intervention im Kosovo 1999 kein humanitäres Problem gelöst zu haben. Vielmehr habe sie die albanischen Extremisten in ihrer Überzeugung gestärkt, dass sie ihre „selbstsüchtigen“ Ziele mit Hilfe von Waffen und Terroraktionen erreichen könnten, sagte er gestern vor der UN-Menschenrechtskommission in Genf.
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