Mallorca? Ja. Urlaub? Nee!

■ Das swb Enordia Rad-Team ist noch ganz jung und muss schon richtig ranklotzen. Trainiert wird demnächst auf Mallorca / „gesunder Konkurrenzdruck“ und „totale“ Motivation

„Vielleicht wird ja einer Profi“, sinniert Lars Urban, Weltmeister der Fahrradkuriere und Kapitän des frisch gegründeten swb-Fahrrad-Teams „Enordia“. Sechs andere Fahrer hat er sich gesucht, mit denen er kontinuierlich trainiert und Rennen fährt.

Dabei kam der Kontakt zwischen dem ehemaligen Fahrrad-Kurier Urban und dem Sponsor swb, den ehemaligen Bremer Stadtwerken, vor zwei Jahren quasi durch einen Unfall zustande: Urban hatte die Teilnahme für ein zusammengewürfeltes Team, das für die swb an einem großen Hamburger Radrennen teilnehmen sollte, schon abgesagt. Sein Knie war nach einem Sturz schwer lädiert. Dann fuhr er doch, mit Fäden im Knie und im sbw-Trikot – er belegte trotz seiner Verletzung den dritten Platz. „Das hat die natürlich beeindruckt.“

Auf die Idee ein Bremer Fahrrad-Team zu gründen, kam der 37-jährige, weil er „im Winter seiner Karriere“ als Radsportler der Radrenngemeinschaft Bremen (RRG) „nochmal was Vereinsübergreifendes auf die Beine stellen wollte.“ Insofern reizte ihn die Bremer Situation: „Es gibt unglaublich viele Radvereine hier“, und dennoch sei Bremen Provinz. Urban als intimer Kenner der Szene weiß aber auch: „Es gibt soviel Neid und Missgunst unter den Vereinen.“ Da würden Leuten auch mal Steine in den Weg gelegt. Talente müssten aber, so Urban im Brustton der Überzeugung, gefördert werden. Warum also nicht von ihm?

Die Fahrer des swb-Teams sind zwischen 18 und 30 Jahre alt, drei von ihnen gehen noch zur Schule. Urban kannte alle persönlich, bevor er sie für das Projekt ansprach und hat daher einen Überblick über die jeweilige Leistung. Zu ihrer Teilnahme am neuen Team sagt er: „Alle wissen, dass sie an etwas Einmaligem mitmachen, denn so ein gesponsortes Team gab's vorher in Bremen noch nicht“. Die Motivation der Einzelnen sei daher groß. „Und die Jüngeren sehen in mir wohl so 'ne Art Vorbild“.

Jeder der Rennradler trainiert an sechs Tagen der Woche „zwischen drei und sieben Stunden“, erzählt der Teamchef. Im Winter kommt noch Kraftraining hinzu. Für den März stehen zwei Wochen Mallorca auf dem Programm. Urlaub? „Nee! Ich komm' selber zwar nicht mit, aber da wird nach meinen Vorgaben hart trainiert. Und Rennen die dort anstehen, werden selbstverständlich mitgefahren.“

So ein Trainingsprogramm lässt sich nur durchhalten, wenn Ausbildung und Job großzügig damit umgehen. Die Schulen und Arbeitgeber zögen gut mit, sagt Urban. Auch weil sie wüssten, dass sie für hohe Leistungen zurückstecken.

Klare Worte gibt es daher für die Team-Kollegen: “Wir fahren absolut leistungsorientiert. Alle sind total motiviert – auch weil sie wissen, dass hier ein gesunder Konkurrenzdruck herrscht.“ Das Team stehe jetzt für ein Jahr. Dann lässt Big Brother grüßen, denn es müsse geprüft werden, wer dem Standard genügt und ob jemand rausfliegt.

„Radsport erfordert wahnsinnig viel Disziplin“, weiß Lars Urban, der sowohl Straßen- als auch Mountainbike-Rennen gefahren ist, und leuchtende Augen bekommt, wenn er von der Tour de France erzählt – „dem größten Sportereignis der Welt“. „Das sind Etappen von 200 Kilometern, aber wenn du da 20 Sekunden nicht aufpasst, hast du verloren. Dann kannst du dich eigentlich ins Auto setzen und zugucken.“

Und als Ziel für sein Team „Enordia“? Erstmal muss die Crew auf ein geeignetes „Renn-Level“ gebracht werden. „Ansonsten nehmen wir hier alle regionalen Rennen mit und vielleicht können wir dann mal bei der Deutschen Meisterschaft mitfahren.“ Gerade die Jüngeren hätten dadurch auch ein Sprungbrett, um anständig gefördert zu werden. Jemanden dabei zu haben, der den Sprung in ein professionellesTeam schafft, das wär' schon was. Und vielleicht fährt irgendwer ja mal mit – bei der Tour de France.

Julia Kammigan