: Gute Zeiten, prima Zeiten
Mit seiner Jahresbilanz verkaufte sich RTL trotz Gewinnwarnungen als Sender der „Rekorde und Millionenerfolge“. Doch wo viel Licht, da viel Schatten – die gleichnamige Soap wurde verschoben
aus Köln PASCAL BEUCKER
Mit einem Trailer stimmte RTL auf seiner Unternehmenspressekonferenz das journalistische Publikum ein: „Das Jahr 2000 – Rekorde und Millionenerfolge.“ Und 2001? Es soll noch erfolgreicher werden. So verkündeten es RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler und sein Stellvertreter Hans Mahr. Schneller, höher, weiter – die beiden RTL-Macher waren sichtlich um gute Laune bemüht.
Kein Wunder, denn erst vor wenigen Tagen hatte Didier Bellens, der Chef der RTL Group mit Sitz in Luxemburg, eine andere Botschaft verbreitet: Sparen sei angesagt. Bis zu 100 Millionen Mark solle die deutsche Senderfamilie der RTL Group, zu der auch noch RTL 2, Vox und Super RTL gehören, sparen. Der Grund: deutlich nach unten korrigierte Prognosen für die Werbeumsätze des laufenden Jahres, mit nur noch 2 bis maximal 3 Prozent Zuwachs. Von einer Trendumkehr wollte Bellens indes nicht sprechen, nur von „momentanen Unwägbarkeiten des Anzeigengeschäfts“. Doch da die deutschen Senderbeteiligungen rund 60 Prozent des Gesamtumsatzes der RTL Group erwirtschaften, ist seine Notbremse verständlich. Zeiler allerdings bestritt die Sparpläne heftig: „Wir werden klar mehr in das Programm investieren als im vergangenen Jahr.“ Denn schließlich sei eine kontinuierliche Investitionssteigerung „die Basis unseres Erfolges“.
Zahlen wollte er allerdings keine nennen – aus börsenrechtlichen Gründen. Auch die geplante einstündige Daily Soap „Licht und Schatten“ würde nicht gekippt, sondern nur verschoben. Auf wann, sagte er nicht.
Auf jeden Fall wird es neue Shows geben. So soll Günther Jauch soll neben dem Quotenrenner „Wer wird Millionär?“ mit „Die 10 Millionen SKL Show“ noch ein weiteres Gewinnspiel bekommen. Daneben stehen „Eventmovies“, Serien und Sitcoms mit anspruchsvollen Titeln wie „Die Todespest“ oder „Zwei Engel auf Streife“ hoch im RTL-Kurs. Auch „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ wird nicht sein wohlverdientes Ende finden, denn das Format lässt sich auch im Internet und perspektivisch über UMTS mit GZSZ-„Hotlines“ und dergleichen vermarkten. Zeiler hofft, RTL „vom TV-Sender zur World of Entertainment“ entwickeln zu können.
Im Sportbereich setzt der Sender weiter auf die Formel 1, die ihm im vergangenen Jahr bis zu 14 Millionen Zuschauer und in der relevanten Hauptzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen einen Marktanteil von bis zu 78,8 Prozent bescherte. Und auf Skispringen, das RTL zu der Sportart Nummer drei entwickelt haben will.
Über die Nummer eins indes wollten Zeiler und Mahr nicht viele Worte verlieren: Die Übertragung der Champions-League ist bislang ein Flop, das derzeitige Format sei „nicht befriedigend“, musste Mahr auf Nachfrage zugeben. Lieber präsentierten die RTL-Geschäftsführer Erfolgszahlen. Mit einem Marktanteil von 17,3 Prozent habe der Sender seinen Vorsprung von 9,3 Prozentpunkten gegenüber den Hauptkonkurrenten Sat.1 und Pro 7 gehalten.
Der Umsatz sei im Vorjahresvergleich von 2,625 auf 2,885 Milliarden Mark gestiegen, die Umsatzrendite von 14 auf 17,2 Prozent. An Bruttowerbeerlösen habe RTL um 11,8 Prozent auf 4,257 Milliarden Mark zugelegt. Dass allerdings nicht alles in der Senderfamilie rund läuft, konnte auch Zeiler nicht verbergen. Zu den unübersehbaren Spannungen zwischen ihm und seinem RTL-2-Kollegen Josef Andorfer sagte Zeiler nur knapp: „Wir telefonieren noch miteinander.“
Auch die Planungen für einen neuen Nachrichtenkanal sind noch nicht weit gediehen. Noch in diesem Halbjahr solle die grundsätzliche Entscheidung fallen, ob es RTL alleine probieren will – oder mit Partnern.
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