: Die Tochter des Patriarchen
Die Musikmanagerin Eva Wagner-Pasquier wird die Leitung der Bayreuther Festspiele übernehmen
Nun ist es amtlich: Die 55-jährige Eva Wagner-Pasquier soll die Leitung der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth übernehmen. Das hat am Donnerstag, erwartungsgemäß, deren Stiftungsrat entschieden – gegen den ausdrücklichen Willen ihres Vaters Wolfgang Wagner, dem bisherigen Herrscher über den Grünen Hügel, der nicht an der Sitzung teilnahm und demonstrativ eine Asienreise antrat. Er wollte seine Frau als Nachfolgerin sehen.
Eva Wagner-Pasquier hat sich schon einmal in Bayreuth bewährt: Als ihr Vater 1966, nach dem Tod des Bruders Wieland Wagner, die alleinige Leitung auf dem Grünen Hügel übernahm, diente sie ihm als Assistentin mit wachsendem Aufgabenbereich. Sie war mit der Talentsuche betraut, und als 1976 der längst legendäre „Jahrhundert-Ring“ von Patrice Chéreau inszeniert wurde, zog sie im Hintergrund die Strippen. Im gleichen Jahr aber trennte sich ihr Vater von seiner ersten Frau Ellen Wagner, um wenige Wochen später seine langjährige Mitarbeiterin Gudrun Mack zu heiraten. Weil Eva Wagner, wie auch ihr Bruder Gottfried, während der Scheidung zur Mutter gehalten hatte, kam es damals zum Bruch mit dem Vater, und sie musste die Festspielleitung verlassen.
Fortan konzentrierte sie sich auf ihre Arbeit bei der Münchner Produktionsfirma „Unitel“, wo sie bis 1984 über 120 Konzertfilme und rund 30 Opernverfilmungen betreute. Ihre guten Kontakte zur Opernszene kamen ihr zugute, als sie sich 1985 als Direktorin des Royal Opera House in London bewarb und unter 20 Kandidaten ausgewählt wurde. Wenig später wurde sie als Programmdirektorin in die Leitung der neuen Bastille-Oper in Paris berufen, wo sie bis heute mit ihrem Mann, dem Musikmanager Yves Pasquier, und ihrem 1982 geborenen Sohn lebt.
Weil sie sich im praktischen Opernalltag auskennt und allzu radikale Neuerungen von ihr nicht zu befürchten sind, lag sie in der Gunst des Stiftungsrats vor ihrer theoretisch brillierenden Cousine Nike Wagner, Tochter des 1966 verstorbenen Onkels Wieland Wagner, die sich gleichfalls vor zwei Jahren für Bayreuth beworben hatte. Entnervt vom quälenden Hickhack, hatte Eva Wagner ihre Bewerbung zwischenzeitlich zurückgezogen, sich nach einer Intervention von Bayerns Kunstminister Zehetmair aber doch noch zur Kandidatur bereit erklärt.
Nach dem Willen des Stiftungsrats soll Eva Wagner zum 1. Januar 2003 das Amt ihres Vaters übernehmen. Doch der macht keine Anstalten, seinen Sessel zu räumen, und beharrt auf seinem lebenslangen Vertrag. Die Anwälte müssen nun wohl einen Weg finden. DANIEL BAX
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