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Zapatisten sammeln Punkte

In einer historischen Diskussion debattieren im mexikanischen Kongress erstmals Vertreter der Zapatisten-Guerilla EZLN und der Indios mit den Parlamentariern auf hohem Niveau über eine Verfassungsreform zugunsten indigener Autonomierechte

aus Mexiko-StadtANNE HUFFSCHMID

Zum Auftritt der Zapatisten vor dem mexikanischen Kongress ist ausgerechnet ihre berühmteste Galionsfigur, Subcomandante Marcos, nicht erschienen. „Der Sub Marcos“, erklärte am Podium stattdessen Comandante Esther mit schwarzer Wollmütze, sei eben nur militärischer Unterkommandant. „Wir hatten ihm die Aufgabe übertragen, uns als die wahren politischen Chefs der Indiogemeinden auf diese Tribüne zu bringen.“ So sprachen am Mittwoch ausschließlich indigene Gäste in Spanisch und ihren jeweiligen Sprachen vor dem Plenarsaal.

Die EZLN sandte erstmals versöhnliche Zeichen in Richtung Präsidentenpalast. Auf die „Friedenssignale“ von Präsident Vicente Fox werde man entsprechend reagieren, versprach Esther. Die sieben geräumten Militärstützpunkte würden nicht von zapatistischen Truppen, sondern von zivilen „Friedenscamps“ besetzt. Auch kündigte sie ein Treffen zwischen den Unterhändlern beider Seiten an.

Das Thema aber war die vom Kongress zu beschließende Verfassungsreform über indigene Rechte. Fünf Stunden bemühten sich vier Maskierte und drei Vertreter des Nationalen Indio-Kongresses (CNI), den Abgeordneten die Zweifel an der Autonomie zu nehmen. Gerade der neue Kongress, in dem keine der großen Parteien eine Mehrheit hat, sei ein gutes Beispiel dafür, dass das „Miteinander der Verschiedenen“ möglich sei. „Der Kongress balkanisiert sich ja auch nicht“, sagte Esther in Anspielung auf die von Gegnern beschworene „Balkanisierungsgefahr“.

Fernsehmoderatoren staunten über das „hohe Niveau“, auf dem die so genannte Indio-Frage erstmals in eigener Sache im Parlament verhandelt wurde. Die Parteivertreter fragten zu so kontroversen Themen wie Territorialhoheit und Rechtspluralität, Kompatibilität von Frauen- und Menschenrechten mit indigenen „Sitten und Gebräuchen“, der Nutzung natürlicher Ressourcen und dem Völkerbegriff. Die indigenen Delegierten antworteten so höflich wie selbstbewusst. Auf den Vorwurf, in vielen traditionellen Indio-Dörfern würden Frauen ausgegrenzt, geschlagen und zwangsverheiratet, konterte die CNI-Delegierte Maria de Jesús Patricio: „Das ist wahr – aber nicht nur ein Problem der Indios, sondern der ganzen Gesellschaft.“

Hunderte Reporter drängten sich auf dem Pressebalkon, drei TV-Kanäle berichteten live. Auf den Besucherrängen lauschten prominente Intellektuelle, Indio-Aktivisten, Gouverneure mehrerer Bundesstaaten sowie einzelne Regierungsfunktionäre. Auf den Abgeordnetensitzen aber herrschte gähnende Leere. Nur die linke PRD-Fraktion war vollständig. Von der früheren Staatspartei PRI war immerhin ein Teil der Abgeordneten anwesend.

Die regierende konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) aber schickte nur die 20 Mitglieder der zuständigen Parlamentsausschüsse zu dem „Arbeitstreffen“, das ausdrücklich nicht als reguläre Plenarsitzung anberaumt war. Man wolle sich nicht an einem „Zirkus“ und an einem „Werbeforum für Marcos“ beteiligen, hieß es. Doch für derlei Intoleranz sei das Treffen eine „Ohrfeige mit Samthandschuhen“ gewesen, urteilte der PRD-Senator Jesús Ortega. Selbst sein PAN-Kollege Diego Fernández de Cevallos, sonst ein antizapatistischer Hardliner, war begeistert über den „zivilisierten“ Auftritt der Aufständischen.

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