Der gute Wolf im Park

Reservat für einen verfemten Jäger: Sechs Wölfe im Wildpark Schwarze Berge haben seit gestern ein größeres Gehege  ■ Von Nikolai Wehrs

Der Wolf, wir haben es immer geahnt, ist ein Opfer des Spätfeudalismus. Im 17. und 18. Jahrhundert veranstaltete der Hochadel mit Vergnügen große Treibjagden und begab sich so, ungefähr zu der Zeit, als Thomas Hobbes sein Credo „Der Mensch ist ein Wolf“ formulierte, tatsächlich in Konkurrenz zu dem räuberischen Vierbeiner. Die folgende Ausrottung des Wolfes in Mitteleuropa ging einher mit einer großangelegten Rufmordkampag-ne. So entstand das Bild vom bösem Wolf, der einsam im Wald rotbekappten Mädchen auflauert.

Den Wolfsexperte Dr. Erik Zimen machen solche Geschichten beinahe wütend: „Es ist nicht bewiesen, dass Wölfe überhaupt jemals einen Menschen angegriffen haben.“ Allerdings mag Zimen, der die Ausrottung des Wolfes „in einem Zusammenhang mit Hexenverfolgung und Judenpogromen“ sieht, diese Möglichkeit nicht völlig ausschließen. Aber „im Regelfall nähern sich Wölfe einem Menschen nicht auf 200 Metern.“

Auch im Wildpark Schwarze Berge zeigte sich „Canis lupus lupus“ gestern eher von seiner scheuen Seite. Angelockt mit saftigen Rindfleischstücken näherten sich dann doch ein paar Tiere zögerlich dem Gehegerand, wo sie sofort ins Schussfeld der Fotografen gerieten. Die Parkleitung hatte zur Eröffnung ihrer neuen Wolfsanlage geladen, die mit Aussichtsturm und einem von Zimen gestalteten Infohaus ein weiteres Highlight des Parks werden soll - neben Elchen, Hirschen und den berühmten Hängebauchschweinen.

1999 kaufte der Wildpark zwei Rüden und ein Weibchen der Gattung „Europäischer Wolf“. Es kam, was kommen musste und zwar dreimal. Für die mittlerweise also sechs Tiere wurde die Auslauffläche nun auf 10.000 Quadratmeter vergrößert. Indes konnten die Mitarbeiter des Parks schon im März beobachten, daß auch in diesem Frühjahr Nachwuchs zu erwarten sein wird. Statt das Gehege noch einmal zu vergrößeren, will Geschäftsführer Arne Vaubel allerdings diesmal die Welpen an andere Zoos verkaufen. „Viele Tiergärten stellen zur Zeit wieder von Polarwölfen auf die einheimische Spezies um.“

Auch in freier Wildbahn scheinen die schlimmsten Zeiten für den Europäischen Wolf vorbei zu sein. Seit er Anfang der 70er Jahre unter Artenschutz gestellt wurde, beobachtet Zimen eine Wiederausbreitung des Raubtieres in ganz Europa. Von der Slowakei aus zog der Wolf bis in den Bayrischen Wald. Über Polen gelangte er wieder nach Sachsen. Auch im schweizerischen Wallis wurde er kürzlich wieder gesichtet. Sofort forderten die dortigen Schäfer eine Aufhebung des Jagdverbots. „Dabei wussten die Schäfer früher genau, wie sie die Wölfe fernhalten“ meint Zimen. An eine Rückkehr zum Schäferhund glaubt zwar auch er nicht, „aber ein Elektrozaun macht es ja auch“.