: Eichel lockt – Bremen ziert sich ein bisschen
■ Handelsblatt-Offerte des Finanzministers wird zögernd wohlwollend aufgenommen
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) braucht im Bundesrat die Stimmen der von großen Koalitionen regierten Bundesländern, damit die Rentenreform im Mai beschlossen wird. Auch die drei Stimmen Bremens. Das sich bei Uneinigkeit – und die CDU ist gegen die Rentenreform – eigentlich enthalten müsste. Damit es dennoch zustimmt, könnte der Bund dem armen Bremen bei den Sozialhilfe-Kosten entgegenkommen, so der Vorschlag im Vermittlungsausschuss. Berlin, dessen Stimmen Eichel auch braucht, bot der Minister gestern via Handelsblatt 1.000 Arbeitsplätze – die neu einzurichtende Rentenbehörde solle in der Hauptstadt entstehen.
Bremen käuflich? Es geht um alte Menschen, die Ansprüche auf Sozialhilfe hätten, diese aber nicht anmelden. Weil sie sich schämen und weil sie nicht möchten, dass ihre Kinder herangezogen werden. Beides soll anders werden. Im Fall von Altersarmut sollen Kinder nicht mehr für ihre Eltern haften müssen, und statt beim Sozialamt sollen alte Menschen ihre Ansprüche künftig bei der Rentenversicherungsanstalt anmelden können. Für die Erfüllung dieser Ansprüche wollte der Bund bisher pauschal 600 Millionen Mark jährlich locker machen – nach dem neuen Angebot sollen es 800 Millionen sein, und statt pauschal soll alle zwei Jahre im Detail abgerechnet werden – Bremen würde also nicht unbedingt auf Mehrkosten sitzen bleiben.
Klingt attraktiv. Aber gestern wollte sich fast niemand dazu äußern. Das Rathaus nicht, das Sozialressort nicht: Das Ganze sei ja noch im Vermittlungsausschuss. Aus dem Finanzressort verlautete, man bleibe bei der Ablehnung .
Abwartend gab sich Jens Eckhoff, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Dass CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel die Abstimmung im Bundesrat freigegeben habe, „hätte ich fast auch so interpretiert“. Im Detail werde vor Ostern nicht mehr beraten. Im Moment sei es schwierig, innerhalb der CDU eine Linie zu erkennen. Wenn die gefunden sei, werde man weitersehen. Aber „generell ist nicht ausgeschlossen, dass – wenn es eine vernünftige Lösung gibt - wir die auch mittragen.“
Geradezu euphorisch klang gestern Bremens Bundesbeauftragter Erik Bettermann. Ein „Riesenfortschritt“, ein „großes Angebot“ sei der Vorstoß. Bettermann sieht damit eine Einigung im Ausschuss – nicht mehr ganz ausgeschlossen. Als bloßen Köder für Stimmvieh will er die Eichel-Offerte nicht verstanden wissen – schließlich gehe es um Menschen, denen geholfen werde. Übermorgen trifft der Vermittlungsausschuss wieder zusammen. sgi
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