: Initiative will Druck machen – für Druckräume auch in Berlin
Die Kreuzberger Initiative „Druckräume jetzt“ will die große Koalition zu neuen Ansätzen in der Drogenpolitik drängen. Ab Donnerstag fährt ein Infobus Szenestandorte an
In Sachen Drogenpolitik hinkt Berlin hinterher. An dem bundesweiten Modellversuch zur ärztlich kontrollierten Abgabe von Heroin will sich das Land nicht beteiligen, und auch Druckräume, in denen Abhängige unter hygienischen Bedingungen ihre Drogen konsumieren können, gibt es nicht. Zumindest Letzteres soll sich bald ändern, wenn es nach der Initiative „Druckräume jetzt“ geht. Das in Kreuzberg entstandene Bündnis aus Experten und Rot-Rot-Grünen Vertretern aus dem Abgeordnetenhaus und den Bezirken startet in dieser Woche seine erste große Aktion: Ein Bus, der bislang als mobiler Druckraum in Hamburg im Einsatz war, wird an sechs Drogenschwerpunkten der Innenstadt stehen. Ziel sei es, aufzuklären und Fragen zu beantworten. „Wir wollen das Thema vorantreiben. Die Bevölkerung soll sich ihr eigenes Bild machen“, sagt Sprecherin Camilla Bertheau.
Die Bundesregierung hat bereits Anfang 2000 die rechtlichen Bedingungen für die Einrichtung von Druckräumen geschaffen. Notwendig ist aber eine zusätzliche Entscheidung auf Landesebene.
Dagegen sperrt sich bislang der Berliner Senat. Auf diesen will die Initiative nun Druck ausüben. Erforderlich sei eine politische Mehrheit, sagt Bertheau. Die Initiative will die Öffentlichkeit gewinnen und die Verantwortlichen überzeugen. „Irgendwann soll es eine Selbstverständlichkeit sein, dass es Druckräume geben muss.“ Die Kampagne hofft aber auch, dass der zuständige Jugendsenator Klaus Böger (SPD) aktiv wird. Bertheau: „Es wäre schön, wenn Böger sich dafür einsetzen würde.“
Der Jugendsenator steht dem Thema grundsätzlich zwar positiv gegenüber. „Ein Modellversuch in den Bezirken ist durchaus vorstellbar“, sagt sein Sprecher Thomas John. Diese müssten mit den Bezirken abgestimmt werden und dürften nicht auf Kosten der bereits bestehenden Angebote zur Suchtprävention gehen, so John. Und: „In der Koalition muss eine Einigung erzielt werden. Dann würden wir sehr schnell handeln.“
Eine Einigung ist jedoch nicht in Sicht. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) lehnt jeden Ansatz einer liberalen Drogenpolitik kategorisch ab. Und seit der Bezirksreform scheinen auch die Initiativen auf Bezirksebene eingeschlafen zu sein.
Vor der Fusion gab es in den von öffentlichem Drogenkonsum betroffenen City-Bezirken noch Stadträte, die für Druckräume kämpfen wollten – notfalls gegen den Senat. Nach der Fusion ist das angesichts veränderter Mehrheiten schwieriger geworden.
So zum Beispiel in Tiergarten, wo es bisher starke Initiativen für Druckräume gab. Zusammengelegt mit Mitte und Wedding wird jetzt erstmal geredet. „Wir befinden uns in einer Phase der Meinungsbildung“, sagt Clemens Kolling, kommissarischer Suchtkoordinator des Großbezirks. JULIA HARBECK
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