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Hammerharte kleine Frau

■ Schulden mit dem Hammer einzutreiben ist verboten, Zechprellerei, Randale und Beleidigungen aber auch

Zierliche Figur, lange schwarze Haare und ein gütiger Glanz in den Augen, wie er sonst nur Mutter Beimer ins Gesicht geschrieben steht. Und ihr. Einer Frau, die genau weiß, wo der Hammer hängt. Oder besser gesagt: liegt.

Am 31. Mai vergangenen Jahres lag er hinter der Theke ihres thailändischen Restaurants. Griffbereit. Wegen Renovierungsarbeiten. Zu spüren bekam ihn der Kläger S. Jetzt wird der Gastwirtin von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, den Kläger mit diesem „gefährlichen Werkzeug hinterlistig verletzt“ zu haben.

„Wir sind in die Gaststätte gegangen und haben vier Bier bestellt“, erinnert sich S. Die Bedienung habe erst fünf Mark pro Flasche verlangt, dann aber plötzlich sechs Mark. „Da sind wir einfach aufgestanden und gegangen“, so der 43-Jährige. Aber da hatte er die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Die schnappte sich den Hammer und rannte hinterher. „Draußen auf der Straße kriege ich auf einmal einen Schlag auf den Hinterkopf und brech zusammen“, so der stämmige Schnurrbartträger mit dem Igelschnitt. Zurück blieb ein Loch im Kopf, das nicht lange klaffte – es konnte ambulant genäht werden. Folgeschäden trug er nicht davon.

Laut der Angeklagten fehlen bei den Ausführungen des Klägers allerdings entscheidende Punkte: „Sie haben mich als Hure beschimpft und im Laden randaliert“, beschwert sich die kleine Frau mit dünner Stimme. Die Tat bestreitet sie nicht. Entschuldigend erklärt sie: „Ich war etwas außer Kontrolle.“ Das sei nachvollziehbar, so der Richter. Schließlich habe sie zum Tatzeitpunkt gut 2,3 Promille Alkohol im Blut gehabt: Folge: mittelschwerer Rausch und verminderte Schuldunfähigkeit.

Ebenfalls zugute kommt der 33-Jährigen die Aussage zweier Zeuginnen. Die eine ist ihre Mitarbeiterin, die die Männer bediente. Von vornherein habe sie pro Flasche Bier sechs Mark verlangt. Zudem hätten die Männer sich nach „weiteren Frauen“ erkundigt, womit sie weder dienen konnte noch wollte. Daraufhin hätten die bereits Angetrunkenen wütend Aschenbecher und Bierflaschen umgeschmissen und ohne zu zahlen den Laden verlassen. Eine Passantin auf der Straße bestätigt: „Die Männer haben die Frau als Nutte bezeichnet.“

Das Gericht entschied sich nach einer Stunde, das Verfahren gegen eine finanzielle Auflage einzustellen. Die Restaurantbesitzerin muss nun 500 Mark Schmerzensgeld an das Hammeropfer zahlen, zusätzlich gehen 500 Mark an die Staatskasse. Darüber hinaus muss sie für die Behandlungskosten aufkommen. Von der ursprünglich geforderten Buße in Höhe von 90 Tagessätzen nahm die Staatsanwaltschaft erst nach einiger Überzeugungsarbeit des vorsitzenden Richters Abstand. Er machte die Staatsanwältin darauf aufmerksam, dass der Wirtin ab einer bestimmten Anzahl von Tagessätzen die Konzession für ihre Gaststätte entzogen werden könne. Eine „unverhältnismäßige Nebenfolge“ sei dieser Verlust der Existenzgrundlage.

„Wir sollten doch sehen, dass wir auf dem Teppich bleiben“, so der Richter. Der gut gelaunten Angeklagten hingegen riet er: „Das nächste Mal nehmen Sie das nicht selbst in die Hand und rufen die Polizei.“ Schließlich hätte die Sache mit dem Hammer ja auch leicht ins Auge gehen können. wie

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