: Behördlicher Rückzug
Anwohnerproteste waren erfolgreich: Gesundheitsbehörde eröffnet Heroinambulanz nun doch nicht in der Lübecker Straße ■ Von Elke Spanner
Die Behörde gibt auf. Der Widerstand der AnwohnerInnen war zu massiv, um am Standort Lübe-cker Straße festzuhalten: Die Ambulanz zur kontrollierten Abgabe von Heroin wird nicht in der dortigen ehemaligen Polizeiwache eröffnet. „Unter Abwägung aller Umstände“ entschied die Gesundheitsbehörde nun, auf die Suche nach einem anderen Gebäude zu gehen.
Die AnwohnerInnen in Hohenfelde hatten sich vehement gegen den medizinischen Modellversuch in ihrer Nachbarschaft gewehrt. Zwar steht die ehemalige Polizeiwache an einer Durchfahrtsstraße, und Wohngebäude sind keine in Sichtweite. Die NachbarInnen hatten aber mit den Schulen im Stadtteil argumentiert: Wäre die Ambulanz in Hohenfelde eröffnet worden, wären die Jugendlichen auf dem Schulweg auf Junkies und deren Dealer getroffen und wären in Versuchung geraten, Drogen zu nehmen. Mehrfach hatte die Behörde das Gespräch mit den AnwohnerInnen gesucht. Nun sei laut Sprecher Stefan Marks davon auszugehen, dass eine „Akzeptanz realistischerweise nicht erreicht werden kann“. Alternativen, sagt Marks, gibt es noch keine. Die Drogenambulanz müsse mit Bus und Bahn ereichbar und in hinreichender Distanz zur offenen Drogenszene sein.
Die Behörde favorisiert nun offenbar die Anbindung der Heroinausgabestelle an ein Krankenhaus. Der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) hatte sich bei der öffentlichen Ausschreibung des Modellversuchs beworben und angeboten, selber einen Standort zu suchen – „möglicherweise, aber nicht unbedingt an einem Krankenhaus“, sagt LBK-Sprecher Siegmar Eligehausen. Zudem, so Marks, gibt es in Hamburg nicht nur staatliche Kliniken. Es sei „durchaus möglich, dass noch ein anderer Bewerber einen ähnlichen Vorschlag macht“. Ob bereits das Angebot eines privaten oder konfessionellen Krankenhauses vorliegt, verrät Marks nicht.
Parallel sucht die Gesundheitsbehörde noch nach einem günstig gelegenen Haus für eine zweite Ambulanz im Bezirk Eimsbüttel. Die Frage, ob dort bereits ein konkretes Objekt avisiert ist, will Marks ebenfalls nicht beantworten. Auch nicht mit Nein.
Der ursprüngliche Zeitplan, den Modellversuch im Juli zu beginnen, ist jedenfalls hinfällig. Nicht zuletzt auch, weil noch die Genehmigung des „Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte“ aussteht. Ehe dies entscheidet, muss die Ethikkommission der Hamburger Ärztekammer dem Modellversuch zustimmen.
Politisch wurde der Rückzug der Behörde allseits begrüßt. Laut dem gesundheitspolitischen Sprecher der GAL, Peter Zamory, dürfe die Heroinabgabestelle nicht gegen das Einverständnis der Menschen im Stadtteil durchgesetzt werden. Nun solle schnellstens ein neuer Standort gesucht und dort für Akzeptanz geworben werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dietrich Wersich, forderte die Anbindung des Heroinmodellprojekets an ein Krankenhaus.
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