: Steuer ist öko und logisch
Die Ökosteuer schafft neue Jobs, schont die Umwelt mehr und belastet die Bürger weniger als gedacht. So das Ergebnis einer DIW-Studie im Auftrag der Regierung. Fazit der Forscher: Die Ökosteuer könnte problemlos eine größere Rolle spielen
aus Berlin MATTHIAS URBACH
Lenkt sie? Oder lenkt sie nicht? Das ist die großte Streitfrage im Kampf um die Ökosteuer. Vor allem die Union wirft der Regierung stets vor, die Steuer sei weder „öko“ noch „logisch“, weil die Lenkungswirkung ausbliebe. Doch die Ökosteuer lenkt den Energieverbrauch sogar tendenziell stärker, als selbst die rot-grüne Regierung bislang angenommen hat. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Auftrag des Finanzministers fütterten die Volkswirte die Ökosteuer-Daten in ihre „gesamtwirtschaftlichen Computermodelle“ ein. Resultat: Die Emission von klimaschädlichem Kohlendioxid geht aufgrund der Ökosteuer bis 2010 vermutlich um rund zwei bis drei Prozent zurück – deutlich mehr, als die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzprogramm eingeplant hat.
Weiter behauptet die Union gern, die Ökosteuer gefährde Arbeitsplätze. Zwar wird das Wirtschaftswachstum leicht gedämpft, findet das DIW, doch die gesunkenen Lohnnebenkosten haben unterm Strich einen positiven Effekt: Bis 2010 errechnete das DIW einen Zuwachs von bis zu 250.000 Jobs.
Auch der Vorwurf, die Ökosteuer belaste einseitig die Armen, lässt sich durch die Modellrechnungen des DIW nicht bestätigen. Zwar koste die Ökosteuer die Haushalte je nach Einkommen und Familienstand bis zu 1,5 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit hielten sich die „unerwünschten Verteilungswirkungen in geringem Umfang“, schreibt DIW-Autor Stefan Bach. Zumal die Verluste durch die Einkommensteuerreform mehr als ausgeglichen werden: Beide Reformen zusammengenommen entlasten die Haushalte um 0,5 bis 4 Prozent. „Selbst Berufspendler können überwiegend mit Entlastungen rechnen“, so die Studie – obwohl die erhöhte Entfernungspauschale nicht einmal berücksichtigt wurde. Auch höhere Rohölpreise seien kein Argument gegen die Ökosteuer, findet das DIW. Die Beschäftigungseffekte fielen dann „sogar etwas günstiger aus“. Kritisch sieht das Institut allein die vielen Ausnahmen für die Wirtschaft, die einen „ökologischen Strukturwandel“ behinderten. Fazit: „Die ökologische Steuerreform könnte eine größere Rolle im Klimaschutz spielen als bisher, ohne dass wirtschaftliche und soziale Friktionen befürchtet werden müssen.“
Der Umweltsprecher der grünen Fraktion, Reinhard Loske, freute sich gestern über den „kräftigen Rückenwind“. Doch die Grünen sind zurzeit mit ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. So wurde Parteichef Fritz Kuhn vorgestern Abend in der Fraktion scharf kritisiert, weil er den Eindruck erweckt hatte, die Grünen wollten die Ökosteuer nach 2003 nicht weiter erhöhen. Derzeit arbeitet eine grüne Arbeitsgruppe an Vorschlägen zur Verbesserung der Ökosteuer. Im Gespräch sind weniger Ausnahmen für die Industrie und eine flexiblere Benzinpreisregelung. Denkbar sei eine Konstruktion, so heißt es aus der Fraktion, die bei stark steigenden Rohölpreisen die Ökosteuer weniger stark steigen lasse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen