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Ted Turner rettet wieder

Der CNN-Gründer will den russischen TV-Sender NTW von der Gasprom übernehmen

MOSKAU taz ■ CNN-Gründer Ted Turner scheint sich nun doch entschlossen zu haben, durch den Erwerb eines Teils der Media-Most-Gruppe die Rolle eines Schlichters in dem Konflikt um den kremlkritischen TV-Sender NTW zu übernehmen. Am Dienstag hatte der halbstaatliche Gasgigant Gasprom als Vollstrecker des Kreml-Willens auf einer Aktionärsversammlung den Generaldirektor und NTW-Chefredakteur Jewgeni Kiseljow seines Amtes enthoben und den US-Manager Boris Jordan zum neuen Generaldirektor gewählt.

Laut Turner hat die Unterzeichnung eines Vorvertrages mit dem Mehrheitseigner der Media-Most-Gruppe Wladimir Gussinski ebenfalls am Dienstag stattgefunden – zur gleichen Zeit, als dessen Vertraute durch Gasprom abgesetzt wurden.

„Wir sind sehr enttäuscht über die zerrüttenden Ereignisse rund um NTW“, heißt es in einer Stellungnahme Turners, „wir hoffen aber, mit Gasprom und Gasprom-Media eine Vereinbarung abzuschließen, die die Unabhängigkeit von NTW langfristig sichert.“ Nach CNN-Darstellung bezahlt Turner für Gussinskis NTW-Anteile 225 Millionen Dollar, damit wäre der Kaufpreis seit Beginn der Verhandlungen Ende letzten Jahres um 75 Millionen Dollar gesunken. Aus seinem spanischen Exil erklärte Gussinski diese niederige Summe mit dem zunehmenden Druck und der gebotenen Eile. Turners Intervention bereite nun den politisch Verantwortlichen eine Menge Probleme: „Man kann Media-Most und Gussinski diffamieren, Turner zu diffamieren ist schwieriger. Turner ist ein politischer Aktionär“, so Gussinsky, den man aber brauche, um den Kreml auf Distanz zu halten. Komme das Geschäft zustande, so der russische Medienmogul, werde er sich ganz aus der Leitung der Media-Most zurückziehen. „Um die Regierung glücklich zu machen, werden wir auch unsere restlichen Stimmen Turner noch übertragen.“ Media Most sei damit aus der Schusslinie. Bis zu drei Monate, rechnet Media-Most, könnten sich die Verhandlungen aber noch hinziehen.

Den Vorschlag, während dieser Zeit Redaktion und Management von NTW nicht auszuwechseln, lehnte Gasprom sofort ab. Voraussichtlich treffen sich Turner und Gasprom-Vertreter bereits in den nächsten Tagen auf neutralem Terrain in Westeuropa. Eins hat der amerikanische Medienmogul unterdessen im Vorfeld schon klar gesagt: Mit dem von Gasprom neu eingesetzten NTW-Team werde er nicht zusammenarbeiten.

In Moskau wird allerdings auch vermutet, dass die Verhandlungen mit Turner von Gussinski bewusst etwas erfolgreicher dargestellt werden, als sie tatsächlich verlaufen. Grund: NTW will verhindern, dass Gasprom durch die Hintertür ihrerseits mit Turner handelseinig werrden könnten.

Gestern Nachmittag tauchten erstmals Gasprom-Anwälte bei NTW auf und verlangten Zutritt zu den Büros des Generaldirektors. Sie wurden nicht vorgelassen. KLAUS-HELGE DONATH

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