Monopol landet in der Tonne

Erstmals wird die Grüne-Punkt-Gesellschaft DSD ernsthaft von Konkurrenten bedrängt. EU-Wett-bewerbskommissar Monti will mehr Wettbewerb auf dem deutschen Müllmarkt durchsetzen

aus Berlin ANNETTE JENSEN

Gleich von mehreren Seiten sieht sich die Grüne-Punkt-Gesellschaft derzeit bedroht – die Tage des Verpackungsmüllmonopolisten DSD scheinen gezählt. Gestern verkündete die Firma Landbell AG in Berlin, sie habe in Hessen einen Antrag auf Zulassung als duales System gestellt und rechne bis Jahresende mit grünem Licht. Auch mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland sei man im Gespräch. Landbell-Chef Wolfgang Schertz: „Verbraucher können bei uns bis zu 50 Prozent Kosten bei gleichem ökologischem Standard sparen“.

Untermauert wird diese Prognose durch eine Studie der TU Berlin. Sie kommt zu dem Schluss, dass ein Sammelgebiet aus ökonomischen Gründen mindestens 50.000 bis 60.000 Kunden umfassen sollte; für riesige Monopolgebiete gibt es aber keine wirtschaftliche Rechtfertigung. Im Gegenteil: „Wo es Wettbewerb gibt, steigt die Effizienz“, so der Hauptautor und Uni-Chef Hans-Jürgen Ewers.

Die Landbell AG will Einsparungen vor allem dadurch erreichen, dass Miniverpackungen wieder in den grauen Hausmülltonnen landen. Scherz hat ausgerechnet, dass Transport, Sortierung und Aufbereitung von einer Tonne Käsefolien und Ein-Tassen-Milchdöschen 6.000 bis 7.000 Mark kosten – und das für einen ökologisch marginalen Nutzen. Ob ein solches System allerdings rechtlich einwandfrei ist, wird derzeit noch untersucht.

Die EU-Kommission will den fehlenden Wettbewerb auf dem deutschen Verpackungsmüllmarkt ebenfalls nicht länger dulden und prüft gegenwärtig Auflagen gegen das DSD. Denn obwohl die Verpackungsverordnung theoretisch Wettbewerb ermöglicht, sind die Marktbarrieren doch fast unüberwindbar. Zum einen muss ein DSD-Konkurrent ein flächendeckendes System mindestens in einem Bundesland vorhalten, bevor er eine Zulassung bekommen kann. Genau das will die Landbell AG jetzt als erstes Unternehmen versuchen. Zum Zweiten reklamiert das DSD den grünen Punkt als geschützte Marke, die nicht von anderen genutzt werden dürfe. Dadurch konnte die Gesellschaft bisher verhindern, dass die Verwender von Verpackungsmaterialien verschiedene Entsorger beauftragen – denn es ist ja nicht möglich, den grünen Punkt auf nur eine Hälfte von Joghurtbechern, Plastikschläuchen oder Dosen einer Marke aufzudrucken und dann vom Verbraucher zu erwarten, dass er das Ganze nach Lizenzzeichen sortiert.

Genau um diese Frage geht es bei der Prüfung durch die EU. Experten erwarten, dass das DSD sein Monopol auf das Symbol „Grüner Punkt“ verliert und dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof klagen wird. Schon 1997 hatte die EU-Kommission durchgesetzt, dass DSD-Sammelbehälter auch von Konkurrenten mitgenutzt werden dürfen und der Inhalt danach je nach Vertragsmenge aufgeteilt wird. Doch diese Auflage nützt DSD-Wettbewerbern wenig, solange das Symbol „Grüner Punkt“ nur vom DSD vergeben wird.

Offenbar will aber bei der gegenwärtigen Debatte niemand die eigentlichen Geburtsfehler des Systems beheben. Zum einen gibt es bei Einweg-Plastikverpackungen nach wie vor eine große Materialvielfalt: Aus dem Gemisch lassen sich allenfalls minderwertige Produkte herstellen, oder das Ganze wird als Brennstoff verwandt. Zum anderen kann man hierzulande mit 10-Gramm-Döschen wunderbar Profit erwirtschaften.