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„Wenn es Angebote gibt, werden sie angenommen“

Mit Arbeitsunwilligen gibt es weniger Probleme als die Debatte glauben macht, sagt der Leiter des Dortmunder Arbeitsamtes, Werner Schickentanz

taz: Wie viele Arbeitslose gibt es im Arbeitsamtsbezirk Dortmund?

Werner Schickentanz: Rund 46.000. Das entspricht einer Quote von 14,2 Prozent. In den letzten zwei Jahren konnten wir unsere Arbeitslosigkeit etwas abbauen. Sie lag schon weit über 50.000.

Und wie viele Faulenzer sind darunter?

Diese Prozentzahl kann ich leider nicht nennen. Es gibt ja einige Leute, die verwechseln die Arbeitslosenquote mit einer Faulenzerquote. Wenn man jemanden, der nicht arbeiten möchte, herausfiltern will, dann braucht man Arbeitsplätze und nicht irgendein Instrumentarium, mit dem man Druck erzeugt.

Der Gesellschaftswissenschaftler Meinhard Miegel hat jüngst vorgerechnet, dass 1,5 Millionen offene Stellen nicht besetzt werden könnten und nur 60 Prozent der Arbeitslosen wirklich arbeiten wollten.

Zwischen den vermeintlich offenen Stellen und den Bewerbern gibt es auch bei dieser Rechnung noch eine gewaltige Differenz. Man kann sich das wie ein Kirmeskarussell vorstellen: Es können nur so viele einsteigen wie aussteigen. So sieht unser Arbeitsmarkt im Augenblick aus. Wir brauchen also zusätzliche Stellen, damit eine zusätzliche Bewegung raus aus der Arbeitslosigkeit entsteht.

Das würde der These widersprechen, dass ein Drittel der Arbeitslosen gar nicht arbeiten wollen.

Diese Zahl ist aus der Luft gegriffen. Im Bereich der Call-Center konnten wir in den letzten Jahren rund 1.000 Arbeitsplätze aufbauen. Obwohl die Stellen nicht besonders gut bezahlt werden und Schichtarbeit bedeuten, und obwohl die Leute vorher zum Beispiel beim Stahlunternehmen Hoesch mehr verdient haben, konnten wir die Stellen in Windeseile besetzen. Einige Unternehmen sind sogar nach Dortmund gekommen, da man hier problemlos Leute für diesen Bereich bekommt. Das zeigt: Wenn es ein konkretes Angebot gibt, auch ein finanziell nicht so attraktives, wird dieses auf jeden Fall angenommen.

Die meisten Leute wollen arbeiten. Wenn einer nicht will, dann können wir mit unseren Sanktionen wirksam einschreiten. Das müssen wir pro Jahr bei rund 3.000 Leuten machen.

Die haben dann eine Arbeit verweigert?

Nein, meistens haben sie ohne Not eine alte Arbeit aufgegeben. Wenn sich jemand bei uns arbeitslos meldet, und wir erkennen, dass er gekündigt hat, ohne eine neue Stelle zu haben, tritt eine Sperrzeit ein. Mit Arbeitsunwilligen hingegen haben wir gar kein großes Problem. Die Bereitschaft der Arbeitslosen zur Arbeit ist größer, als es ihnen gewisse Studien nachsagen.

Passen die Wünsche von Arbeitslosen und Arbeitgebern überhaupt noch zusammen?

Da gibt es, nimmt man etwa die Dortmunder Situation, noch erhebliche Aufgaben. Wir haben 80.000 Arbeitsplätze in den Bereichen Bergbau, Stahl und Bier verloren. Die Arbeitnehmer können hier nicht so einfach in die neuen IT- oder Mikrostrukturbereiche integriert werden. Da muss weitergebildet werden. Das ist schwierig für jemanden, der 20 bis 30 Jahre in einem Stahlwerk gearbeitet hat.

Ist der Ausspruch von Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass die Faulenzer sanktioniert werden müssten, hilfreich oder eher kontraproduktiv?

Auf der einen Seite führt das zu Aufregung bei den Arbeitslosen, die sich zu Unrecht in eine Ecke gestellt sehen. Aber andererseits macht es auch deutlich, dass niemand die Initiative vermissen lassen sollte, sich selbst intensiv um Arbeit zu kümmern. Insofern ist die Diskussion hilfreich. Wir bekommen im Zuge einer solchen Debatte auch immer Hinweise auf Schwarzarbeit.

INTERVIEW: SEBASTIAN FISCHER

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