: Auch Deutsche wollen Legalisierung
Allensbach-Umfrage: 70 Prozent der Deutschen sprechen sich dafür aus, Schwerkranken die Sterbehilfe zu ermöglichen,falls sie dies wünschen. Aber Politiker, Ärztevertreter und die Kirchen lehnen eine Legalisierung nach holländischem Vorbild ab
von LUKAS WALLRAFF
Nach einer aktuellen Umfrage des Allensbach-Instituts für Demoskopie sind 70 Prozent der Deutschen der Meinung, „dass Sterbehilfe für schwer kranke Menschen ein guter Weg ist, um sie nicht so leiden zu lassen“. Auch unter Protestanten und Katholiken spricht sich demnach eine deutliche Mehrheit dafür aus, Sterbehilfe zu ermöglichen. Trotzdem scheint eine Legalisierung nach holländischem Vorbild in Deutschland vorerst nicht in Frage zu kommen.
Lediglich einzelne FDP-Politiker forderten gestern „eine erneute Diskussion“ über das Thema. SPD, Grüne und die Union lehnten eine entsprechende Gesetzesänderung dagegen ebenso entschieden ab wie die Ärzteverbände und die Kirchen. Bundespräsident Johannes Rau mahnte zur Zurückhaltung. Es dürfe nicht einfach heißen, „sobald die etwas tun, tun wir es auch“.
Als weltweit erster Staat hatten die Niederlande am Dienstag aktive Sterbehilfe – unter bestimmten Voraussetzungen – legalisiert. Nach dem neuen Gesetz müssen Patienten aus freien Stücken und wohl überlegt ihren Sterbewunsch äußern. Außerdem muss der behandelnde Arzt überzeugt sein, dass es keine medizinische Alternative zur Sterbehilfe gibt. Nur dann darf er das Leben des Kranken in einer „medizinisch angemessenen Weise“ beenden. 46 der 74 anwesenden Mitglieder des Oberhauses stimmten für das Gesetz, 28 dagegen. Nun fehlt nur noch die Unterschrift von Königin Beatrix. Das Unterhaus hatte bereits im November zugestimmt.
Die Vertreterin der Grünen in der Enquetekommission des Bundestags „Recht und Ethik in der modernen Medizin“, Monika Knoche, sieht in der holländischen Entscheidung einen „unglaublichen Paradigmenwechsel“. Knoche sagte der taz gestern: „Wenn ein Arzt zum Täter wird, empfinde ich das als unerträglichen Tabubruch.“ Sie sei deshalb „sehr froh, dass wir in Deutschland eine solche Diskussion nicht führen“.
Der grüne Rechtsexperte Christian Ströbele sagte der taz: „Die Grünen sind gegen aktive Sterbehilfe, ich bin es auch.“ Ströbele warnte vor „Missbrauchsgefahr“, wenn ein solches Gesetz eingeführt würde. Er räumte allerdings ein, „dass es einige Argumente aus Holland gibt, die uns weiter zum Nachdenken veranlassen sollten“. Gerade in Deutschland müsse man aber „wegen unserer Euthanasie-Vergangenheit zurückhaltender sein als in anderen Ländern“.
Nach den Niederlanden könnte Belgien bald das zweite Land werden, in dem aktive Sterbehilfe gesetzlich erlaubt wird. Zwei Ausschüsse des Parlaments haben bereits einen Gesetzentwurf ausgearbeitet. Die geplanten Regelungen sind allerdings wesentlich restriktiver als diejenigen in den Niederlanden.
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